866 M. Vaterländischer Hilfsdienst.
stände bestanden und auch heute noch bestehen. Sie werden also begreifen, daß auch die
verbündeten Regierungen die Anträge, wie sie jetzt hier vorliegen, genau werden ansehen
und prüfen müssen. Eine Zuslimmung kann ich heute noch nicht vorlegen, ich kann aber
für meine Person die Hoffnung aussprechen, daß es möglich sein wird, auf der Grundlage
der vorliegenden Anträge zu einer Einigung zu kommen.
Nun zu den Bemerkungen des Herrn Abg. Dittmann zu § 1. Der Herr Abg. Dittmann
hat hier vorgeschlagen, statt 60 Jahre 45 zu setzen. Es ist bereits gesagt worden, daß damit
der ganze Zweck des Gesetzes vereitelt würde. Ich glaube, die Sache ist erledigt.
In der Frauenfrage kann ich dem Herrn Abg. Dittmann ausnahmswelse zustimmen
allerdings nicht in der Begründung. Die Gründe, die wir dafür haben, von einer Herein
ziehung der Frauen in die gesetzliche Pflicht abzusehen, habe ich gestern gegeben. Der
Herr Abg. von Gamp, der leider nicht hier ist, hat geglaubt, in dieser Frage von dem Staats.
sekretär d. J. an den Chef des Kriegsamts appellieren zu sollen. Ich habe dafür nicht das
rechte Verständnis. Es gibt nur eine einheitliche Reichsleitung, und was ich hier spreche,
spreche ich namens der Reichsleitung.
Dann hat der Herir Abg. Schiffer den zweiten Absatz des #2 des gemeinschaftlichen
Antrages zur Sprache gebracht, der sich auf die Landwirtschaft bezieht. Der Herr Abg.
Schiffer hat bemerkt, daß dieser Absatz auf den ersten Blick nicht ganz verständlich sei; es
könne daraus eine Vorzüugsstellung für einen bestimmten Erwerbszweig herausgelesen
werden. M. H., von einer solchen Vorzugs stellung ist keine Rede. Es soll durch diesen
Paragraphen lediglich den besonderen Verhältnissen der Landwirtschaft, die das größte
Saisongewerbe ist, das wir haben, Rechnung gelragen werden. Die Landwirtschaft braucht
bekanntlich im Winter, in dem wir nahezu sind, erheblich weniger Arbeltskräfte als im Früh.
jahr und im Herbst. Wenn jetzt aus der Landwirtschaft die Arbeitskräfte, die ae#igenblicklich
ganz vorübergehend überflüssig sind, herausgeholt werden, dann sind sie nicht da, wenn die
Frühjahrsarbeiten anfangen. Diesen Umständen soll Rechnung geiragen werden durch die
Bestimmung des Absatzes 2, damit nicht etwa auf Grund einer ganz vorübergehenden
Übersetzung der landwirtschaftlichen Belriebe mit Arbeilskräften eine große Schädigung
hervorgerufen wird.
Verschiedene Herren haben die Frage der Zuzlehung der Landwirtschaflskammern
der Handels= und Gewerbekammern, der Handwerkerkammern und ebenso der Gemeinde-
behörden ausgeworfen bei der Entscheidung über die Frage, ob ein Betrieb als kriegsnot-
wendig anzusehen ist oder nicht. Ich habe schon gestern erklärt, daß die Heranziehung
dieser Instanzen bei den zu treffenden Entscheidungen im weilesten Umfang beabsichtigtk ist.
Der Herr Abg. Schiffer hat nun bei der Frage, wo etwa überflüssige Arbeits
kräfte herausgeholt werden können, auch auf die Justizverwaltung hingewiesen. Die
Ausführungen, die er gemacht hal, haben mich außerordentlich interessierl; das Haus lann
überzeugt sein, daß wir die Frage, was hier geschehen kann, um etwa überflüssige Arbeits-
kräfte herauszuziehen, aufs genaueste prüsen werden. Ich halte die Auregungen für sehr
dankenswert.
Dann ist die große Frage des Umschichtungsprozesses, den wir hier vornehmen
müssen, von verschiedenen Herren sehr eingehend besprochen worden. Ich wlederhole
noch einmal: es ist nicht beabsichtigt, mit diesem Gesetz elwa eine Guilloline, eine Hin-
richtungsmaschine für Betriebe aufzustellen. Daran denkt niemand. Weder in den Richt-
linien, die der Regierungsvorlage beigesügt sind, noch in dem Enkw. und in dem gemein-
schaftlichen Antrage stehl an irgendeiner Sielle, daß irgendeine Instanz berechligt sein soll,
einen Betrieb ohne weiteres zum Tode zu verurteilen. Durch die vorgesehenen Ausschusse
soll nur ein Urteil darüber ausgesprochen werden, ob ein Betrieb für die Kriegführung
und für die Volksversorgung notwendig ist oder nicht, und zwar mit der einzigen Rechts-
folge, ob aus ihm Arbeitskräfle für den vaterländischen Hilfsdienst herausgenommen werden
dürsen oder nicht. Eine ganze Anzahl von Betrieben, die nicht für kriegsnokwendig
erklärt werden, aus denen also Arbeitskräfte herausgenommen werden dürsen, werden
trotzdem weiterbestehen können genau ebenso wie bisher, wo auf Grund der Wehrpflicht