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hat seine große Berechligung, was namentlich auch der Herr Abg. Dr. Stresemann heule
ausgeführt hat: die Hypertrophie der Kriegsindustrie wird durch dieses Gesetz beschleunigt
und die Blulleere der anderen Industrien, die nicht für den Krieg arbeilen oder an Rob-
stoffmangel leiden, wird durch dieses Gesegz gleichfalls verschlimmert. Die ungleichheit
die durch den Krieg in alle Verhältnisse hineingetragen worden ist, wird dadurch weiter
verstärkt. Das ist bedauerlich, m. H., aber es ist das nicht eine Wirkung dieses Gesetzes
sondern das steht genau auf demselben Brell wie das ganze Gesetz hier selbst, auf dem Brell,
daß die Armee Munition braucht. Es ist nicht die Rücksicht auf die Betriebe, die für den
Krieg arbeiten, daß wir dieses Gesetz machen, sondern einfach die Rücksicht auf den Bedarf
der Armee, und diese Rücksicht muß allem anderen vorangehen. Ungleichheiten, die daraus
entstehen, müssen in Kauf genommen werden, und wir können uns höchstens überlegen,
ob und wie wir da ausgleichen.
Ich habe bereits in der Kommission ausgeführt: die Frage, wie die besonderen Vor-
teile, die der Industrie elwa daraus erwachsen, daß ihr auf Grund dieses Gesetzes Arbeits-
kräfte zugewiesen werden, für die Allgemeinhelt gesichert werden können, bedarf der aller.
ernsthaftesten Prüsung. An sich sind ja verschiedene Wege denkbar. Es ist vorgeschlagen
worden, daß nachträglich Preisänderungen von abgeschlossenen Verträgen Platz greifen
sollen, auch daß weiterhin Lieferungsverträge vom Kriegsministerium abgeschlossen werden
sollen mit dem Vorbehalt zugunsten des Staates, nachträglich auf Grund einer Prüfung
durch einen Ausschuß oder eine sonstige Instanz einseilig diese Vertragspreise zu ändern.
Das ist erstens ein sehr bedenkliches Prinzip. Ferner aber: wenn ich mit einem anderen
einen Vertrag schließe und mir das Recht vorbehalte, den Bertrag einseitig abzuändern,
dann glaube ich nichl, daß das für den anderen gerade einen besonders großen Antrieb gibt,
solche Verträge zu schließen und auf Grund solcher Verträge zu arbeiten. Diesen besonderen
Antrieb brauchen wir aber, wir brauchen die volle Kraft und den vollen guten Willen
unserer Rüstungsindustrie.
Welter hat dieses System den anderen Nachteil, daß die Gewinne, die möglicherweise
da und dort auf Grund dieses Gesetzes erziell werden können, oder die Mehrgewinne,
die vielleicht daraus resultieren, gar nicht einseitig bei denjenigen Unternehmungen liegen,
die Verträge mit dem Kriegsministerium oder mit dem Kriegsamt oder überhaupt mit dem
Reich abschließen. An den Granaten und Kanonen allein werden keine Kriegsgewinne
erzlelt. Ich habe in der Kommission darauf aufmerksam gemacht, daß die Gewinne in anderen
Industrien, in den Vorindustrien, möchte ich sagen, die Werkzeugmaschinen, Drehbönke
und ähnliches herstellen, vielleicht bedeutend größer sind als die Gewinne, die direkt bei den
staallichen Lieferungen erzielt werden. Bei den letzteren hat das Kriegsministerium doch
im Laufe des Krieges ohnehin schon sehr erheblich eingegriffen. Aber alle die Gewinne,
die nicht aus Lieferungen an den Staal erzlelt werden, lassen Sie frei, wenn Sie den Aus-
gleich lediglich darin suchen, daß die Verträge mil dem Staal und dem Reich entsprechend
modifiziert werden sollen. Aus diesem Grunde heraus habe ich mich schon in der Kommission
— es ist das meine persönliche Meinung, die Frage ist im Kreise der verbündelen Regierungen
noch nicht weiler geprüft worden — dahin ausgesprochen, daß mir der richtige Ausgleich
auf dem Gebiet der allgemeinen Besteuerung der Kriegsgewinne zu liegen scheint.
Ich habe auch darauf hingewiesen, daß man in England, wo das Munilionsgesetz eine
Beschränkung der Gewinne für die Munitionsfabriken vorgesehen hat, einen Weg betreten
hat, der ungefähr auf dasselbe hinauskommt. Wenn dort vorgeschrieben ist, daß die Gewinne
nicht über ein gewisses Maß hinaus die Gewinne der Friedenszeit überschreiten dürfen,
so liegt hier derselbe Grundgedanke vor, auf dem unsere Kriegsgewinnbesteuerung beruht.
Daß auch hier die Schwierigkeilen sehr groß sind, will ich nur andeuten. Schwierigkeilen
sind aber schließlich dazu da, um überwunden zu werden.
Präsidenl! des Kriegsamts Groener: Ich stehe nicht an, hier zu erllären, daß unler
den Begriff „behördliche Einrichtungen“ insbesondere auch die gesamte Seelsorge sällt,
daß also die gesamte Seelsorge im vaterländischen Hilfsdienst sich betäligt. Andererseits
müssen aber auch andere Einrichtungen, die wir jezt im Kriege getrossen haben, unter diesen