Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 871 
Staatssekrelär d. J. Dr. Helfferich: Ich möchte dem Herrn Abg. Behrens auf seine 
Frage antworten. Nach dem § 2 ist ja nur vorgesehen, daß solche Arbeitskräfte, die am 
1. August in der Landwirtschaft lätig waren, nicht auf Grund der Hilfspflicht aus der 
Landwirkschaft gegen ihren Willen herausgezogen werden dürfen. Freiwillig herausgehen 
können sie ja heute schon. Da bringt das Ges. leine Neuerung. Wenn sie herausgehen und 
eine Arbeit in einem anderen Tätigkeitsbereich der Hilsspflicht annehmen, so enisteht aller- 
dings die Schwierigkeit mit dem Abkehrschein. Bisher konnten sie ohne weiteres zurück- 
kehren. In Zukunft brauchen sie den Abkehrschein. Aber ich glaube, wenn die Frühjahrs- 
bestellung kommt und die Arbeiter, die aus der Landwirtschaft herausgegangen sind, dorl- 
hin zurückkehren wollen, wird ihnen wegen des Abkehrscheins keine Schwierigkeil in den 
Weg gelegt werden, auch wenn der Unternehmer das wollte. Ich glaube, das würde doch 
mit zu dem Begriff des „wichtigen Grundes“ gehören; denn die Frühjahrsbestellung ist 
ein so wichtiger Grund, daß ich mir einen viel wichtigeren kaum denken kann. 
Abg. Dittmann (soz. Arbeitsgem.) begründet den Antrag seiner Fraklion, betreffend 
den Zeitungsbetrieb, und weiter elnen Antrag seiner Fraktion, wonach alle industriellen 
und landwirtschaftlichen Betriebe des 3 2 für Rechnung des Reiches betrieben werden sollen; 
die bisherigen Unternehmer erhalten einen angemessenen Pachtzins, über den im Wege 
der Ausführungsbestimmungen eine Regelung getrofsen wird. Gehört der Betrleb einer 
Gesellschaft, für die Aufsichtsräte bestellt sind, so fällt für diese die Tantieme fort. 
Abg. Held (ul.): Wenn wir die Landwirtschaft nicht fördern in der ungeheuer schwie- 
rigen Lage, in der sie sich befindet, dann sind wir überhaupt am Ende. Es handelt sich keines- 
wegs um die Agrarier, es handelt sich um die miltlere und kleine Landwirtschaft, der schon 
jeht fast alle Betriebskräfte fehlen. Die Lieferung des Stickstoffes in genügender Menge 
ist für die Landwirtschaft und für die nächste Ernte geradezu eine Lebensfrage. Bei der 
Verteilung der Arbeitskräfte muß die Landwirtschaft der empfangende Teil sein. 
Abg. Sladthagen (soz. Arbeitsgem.): Wir beantragen einen neuen #2, der bestimmt, 
daß die im vaterländischen Hilfsdienst tätigen Personen nich!l den Kriegsgese 3en unter- 
liegen, insbesondere nicht dem Militärstrafgesetzbuch vom 20. Juni 1872. Will man die 
Hilfsdienstpflichtigen wirksam schützen, so muß man den von uns beantragten 5& 2b an- 
nehmen, der vorsieht, daß diese Personen den ihrer Tätigkeit entsprechenden Bestimmungen 
des BG., der Gewerbeordnung und des Handelsgesetzbuchs unterliegen. 
Abg. Fegter (fortschr. Volksp.): Den in der Landwirtschaft tätigen Frauen gebührt 
unser Lob und Dank. Die Frauen der Besitzer, Bauern und der Landarbeiter haben sich 
in diesem Kriege ein großes Verdienst erworben. Die landwirtschaftlichen und sonstigen 
Kreditgenossenschaften verdienen alle Unterstützung. 
Abg. Wurm (soz. Arbeitsgem.): Die Lohnverhältnisse der Hilfsdienstpflichtigen 
werden in dem Gesetz und den Anträgen überhaupt nich! berührl; die Resolution der soz. Fr. 
empfiehlt nur eine Berücksichligung in den Ausführungsbestimmungen. Das genügt nicht. 
Wir beantragen deshalb in einem 3 2c, daß die Hilfsdienstpflichtigen Vergütung erhalten 
sollen nach den mit der Arbeiter- und Angestelltenorganisalion vereinbarten Sägen unter 
Berücksichtigung der durch die Teuerung erforderlichen Mehraufwendungen für den Unler- 
halt. Eine bloße Resolution ist nur ein Schlag ins Wasser. 
Abg. Kunert (soz. Arbeitsgem.) befürwortel einen neuen. s 2b, der bestimmt, daß 
Frauen, die in den Betrieben im Sinne des 2 lälig sind, für gleiche Leistung den gleichen 
Lohn wie die männlichen Arbeiter oder Angestellten erhalten. Das sei ein Gebot sozialer 
Gerechtigkeit. Ferner wünscht seine Partei, daß die Hilfsdienstpflichtigen vollständig der 
Reichsversicherung unterliegen sollen, und daß die tägliche Arbeitszeit dieser Personen 
höchstens acht Stunden dauern soll, daß das Gesetz vom 4. August 1914, beireffend Aus- 
nahmen von Beschäftigungsbeschränkungen gewerblicher Arbeiter, außer Kraft tritt, und 
daß für jugendliche Arbeiler unter 18 Jahren und für Frauen die Nachtarbeit verboten wird. 
Abg. Bauer (Soz.): Für einen weilgehenden Schutz der Frauen werden wir stets 
eintreten und für den betreffenden Antrag stimmen. Den Vorwurf des Abg. Wurm gegen 
melne Fraktion weise ich zurück. Wir haben uns bemüht, solche Vorschriften, wie er sie
	        
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