Gesetz über den vaterländlschen Hilfsdlenst vom ö. Dezember 1916. 881
solche Einrichtungen für die gewerblichen Arbeiter geschafsen werden. Das ist doch gar
teine Frage, das ist der Schwerpunkt in dem Ganzen gewesen, und darauf haben sich im
wesenilichen die bisherigen Bestrebungen in diesen Dingen beschränkt. Ich glaube, das ist
nicht zu bestreiten. Ich möchte sehr davor warnen, daß hier der Appetit beim Essen oder
in diesem Falle vor dem Essen kommt.
Melne Bedenien richten sich vor allen Dingen — das können Sie schon aus meinen
bisherlgen Worten entnehmen — gegen die Anträge auf Streichung der Bezugnahme
auf Titel VII der GewO., der eben die Errichtung von Arbeiterausschüssen und Schleds-
stellen auf dicses Gebiet, auf dem für diese Ausschüsse und diese Schiedsstellen bisher in der
Hauptsache Propaganda gemacht worden ist, beschränlt. Ich halte es nicht für richisg,
diese Einrichtung auf die Landwirkschaft, auf ganz andere Verhälinisse zu übertragen. Ich
glaube auch, es wird mit der praktischen Durchführung Schwierigkeiten geben, von denen
sich die Herren im Augemblick gar keine Vorstellungen machen. Die Dinge liegen doch dort
ganz anders, lassen sich doch mit der Zusammenballung von großen Mengen von Industrie-
arbeilern in einem einzigen konzentrierten Gebiet nicht entfernt vergleichen.
Ich möchte ferner auf das dringendste warnen, die Wahlberechtigung für Ausschüsse
etwa auf Minderjährige auszudehnen. Ich möchte auch davor warnen, die Besugnisse der
Schlichtungsstellen so zu erweitern, wie es in einem der vorliegenden Anträge in Aussicht
genommen ist. Das alles sind Dinge, die, wie ich fürchte, das labile Gleichgewicht, in dem
mir die Sache zu hängen scheint, zum Umklappen bringen könnie.
Abg. Hoch (Soz.): Wir haben zur Ausfüllung einer Lücke den folgenden neuen
141 beantragt: „Der Bundesrat kann Betriebe in den Besihz des Reiches übernehmen
oder sie zu einer Betriebsgemeinschaft zusammenschließen und für einzelne Betriebe wie
auch für Betriebsgemeinschaften Vorschriften über die Geschäftsführung erlassen, insbe-
sondere über Abschreibungen und über Berechnung und Vertellung des Gewinnes."“
Während für die Arbeiterschaft die Freiwilligkeit, wenn sie nicht genügt, durch den Zwang
ersetzt wird, ist von elnem Zwang für die Unternehmer nicht die Rede. Gewiß kann dle
Reichsleitung auch einen gewissen mittelbaren Zwang auf die Betriebsunternehmer aus-
üben, aler gerade den größten Betrieben gegenüber versagen diese Zwangsmittel; die
Kelchsletlung ist ja auf die Einrichtung der Belriebsinhaber angewiesen. Darum unser
Antrag, der auch die Anwendung eines unmittelbaren Zwanges gestaltet, wobei zuerst
die Verstaatlichung in Betracht käme. Der 15er-Ausschuß hat kein Recht, über seine ihm
nach diesem Gesetze zustehenden Funkltionen hinauszugehen. Daher füllt unser Antrag elne
sehr fühlbare Lücke aus. Wir bitten Sie, unseren Antrag anzunehmen.
Abg. Dr. Sresemann (ul.): Die Herren überschätzen die Macht der großen Herren
aus Rheinland und Westfalen und unterschätzen die Macht der Regierung. Die Regierung,
die über die Rohstoffe verfügt, hat darin ein praktischeres Machtmittel als alle diese Para-
graphen. Unterschätzen Sie auch nicht: der Privatbetrieb arbeitet mit viel geringeren
Unkosten als der Staatsbetrieb. Die staatlichen Gruben produzleren und verkaufen Kohlen
nicht billiger als die Privatwerke. In bezug auf die Kriegsgewinnsteuer besteht hier bei uns
ein einheitlicher Wille. In bezug auf die Angestelltenausschüsse kann ich unseren Antrag
nicht zurückziehen, weil er auf einem Fraktionsbeschluß beruht. Uber die Zahl können wir
uns später verständigen.
Abg. Behrens (wirtsch. Vereln.): Wenn der soz. Antrag abgelehnt wird, dann möchte
ich bitlen, meinen Antrag anzunehmen, daß § 11 wenigstene für die Landwirtschaft gelten soll.
Abg. Hoch (Soz.): Wir wollen die Regierung in die Lage setzen, die Betriebsleiter
zu zwingen, den Absichten der Regierung enlgegenzukommen, dami# sie nicht Riesengewinne
erzielen. Daß Verstaatlichung nicht immer ein Fortschritt ist, wissen wir, doch kommt es
darauf an, wie die Sache angefaßt wird.
Damit schließt die Besprechung.
In der Abstimm ung wird § 11 mit der Modifikation nach dem Antrag Albrecht (Soz.)
angenommen, daß die Betriebe, für die ständige Arbeiterausschüsse obligatorisch sind,
mindestens 50 Arbeiter beschäftigen. Für den eventuellen Antrag Behrens, betrefsend
Güthe u. Schlegelberger, Krlegsbuch. Sd. 8. 56