Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 883
die Stelle des Relchslages tritt. Dieser Ausschuß hat in der Reichsverfafsung keine
Grundlage.
Abg. Dittmann (soz. Arbeitsgem.): Das haben wir auch schon vorher gewußt.
Wenn aber der Exekutive durch dieses Gesetz eine solche Machtvollkommenheit gegeben
wird, daun muß der Reichslag in irgendeiner Form mitwirken, das ist für die Kommission
das entscheidende Moment gewesen, Der Ausschuß ist in diesem § 17 keineswegs derart
verankerl, daß er wirklich zur laufenden Mitwirkung berufen erscheint, und die Erklärung
des Staatssekretärs läßt ja schon erkennen, wieweit faktisch von dieser Milwirkung die
Rede fein wird. Z
Staatssekretär d. J. Dr. Helfferich: Ich habe pflichtgemäß mich zur Sache geäußert,
ich bin gewöhnt, meine Pflicht zu erfüllen. Wenn der Bundesrat den 5 17 annimmt, wird
er ihn selbstverständlich loyal erfüllen.
Abg. Schiffer (ul.): Ich muß auch meinerseits sehr bedauern, daß der Staatssekretär
in diesem Punkte in dieser Stunde noch eine solche Erllärung abgegeben hat. Ohne eine
solche Bestimmung wird das Gesetz nicht in die Welt gehen. Auf dem Wege, den der Abg.
Distmann will, geht es uicht; aber eine ausgiebige Mitwirkung des Reichstags ist eine
undedingte Nolwendigkeit. Auch der Staotssekretär hat anerkannt, ebenso wie Graf Westarp,
daß hier Ausnahmezustände in Frage stehen; es haudelt sich hier um allgemeine „Ver“
ordnungen“, die materiell tatsächlich Gesetze sind, und darum muß eine Mitwirkung des
Reichstages stattfinden.
Abg. Stadthagen (soz. Arbeitsgem.): Das Gesetz, mit dem wir es hier zu tun haben,
ist nur der Rahmen zu den Gesetzen, die in Gestalt von Ausführungsverordnungen zu
erlassen sind. Machen Sie diesen Schrilt mit dem 15er--Ausschuß rückgängig und setzen Sie
an seine Stelle den Reichslag selbst.
§+17 wird nach Ablehnung des Antrages Bernslein gegen die Stimmen der Deutsch-
lonservativen angenommen.
Nach s 18 des Antrags Spahn tritt das Gesexz mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrasttretens. Macht der Bundesrat
von dieser Besugnis binnen einem Monat nach Friedensschluß mit den europäischen Groß-
mächten keinen Gebrauch, so tritl das Gesetz außer Kraft.
Abg. Dittmann (soz. Arbeitsgem.): Ein solches Ausnahmegesetz sollte keinen Augen-
blick nach Friedensschluß in Kraft bleiben. Wir beantragen, es zum 1. Juli 1917 außer
Kraft zu setzen; bei früherem Friedensschluß zu diesem Zeitpunkt; auch soll der Reichstag
befugt sein, es schon vorher außer Kraft zu setzen.
Von den Sozialdemokraten ist beantragt, es vor-dem 1. Juli 1917 außer Kraft treten
zu lassen, falls der Reichstag nicht vorher das Außerkrafttreten beschließt.
5 18 gelangt nach Ablehnung der Anträge der sozialdemokratischen Fraktionen in
der Fassung des Antrages Spahn zur Annahme.
Siyung vom 2. Dezember 1916.
Staatssekretär d. J. Dr. Helfferich:
M. H.1 Ichmöchte vor allem den beiden Herren Vorrednern danten für die patrio-
lische und weitherzige Aufsassung, die sie hier zum Ausdruck gebracht haben. Die Worte
der belden Herren Vorredner werden uns wesentlich helsen, den Zweck dieses Ges. zu
erreichen; denn die Kreise, die hinter diesen beiden Herren stehen, sind für die Durchführung
dieses Gesetzes von der allerwesentlichsten Bedeutung.
M. H., ich glaube, in jedem Stadium der Beralung, in der Kommission und auch
hier im Hause, zum Ausdruck gebracht zu haben, daß ich mir die Durchführung des Ge-
setzes gar nicht denken kann ohne die freudige und bereitwillige Mitwirkung der deutschen
Arbeiterschaft. Das ist der Boden, auf dem wir vor allen Dingen stehen müssen. Die
freudige und bereitwillige Mitwirkung der deutschen Arbeiterschaft müssen
wir gewinnen, wenn wir aus dlesem Ges. das herausholen wollen, was unsere Brüder
draußen an der Front, und was schließlich unser Volk in der Heimat braucht. M. H., Sie
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