884 M. Vaterländischer Hilfsdienst.
dürfen überzeugl sein, daß auch die verbündeten Reglerungen auf diesem Boden stchen
daß die Auffassung, die ich hier ausspreche, nicht nur meine persönlichec, sondern auch die
Auffassung der verbündeten Regierungen ist. Sie dürfen überzeugt sein, daß aus dieser
Auffassung heraus die verbündeten Regierungen zu dem Ergebnis ihrer Beratungen
Stellung nehmen werden.
M. H., es ist mir dabei ein lleiner Schmerz, daß der Herr Abg. Legien nach all den
vielen Tagen, in denen wir zusammen verhandelt haben, in mir etwas zu sehen scheint
wic elnen bösen Gelst, vor dem man warnen muß. M. H., ich sage, das ist mir ein kleiner
Schmerz. Ich glaube, daß meine Täligkelt und meine Mltwirkung bei diesen ganzen Be-
ratungen doch eine etwas bessere Zenfur verdient hätte, als sie der Herr Abg. Legien aus.
gesprochen hat. Ich glaube, mich mit allen meinen Kräften dem Zustandekommen des
Gesetzes gewidmet zu haben, und ich glaube von mir sagen zu können, daß ich nicht in
einem Punkte einen engherzigen und kleinlichen Widerstand geleistet habe. M. H., ich
glaube Sle verkennen die schwere Stellung, die der Vertreter der verbündeten Regie-
rungen hat, namentlich in so wichtigen Materien und in einem Stadium der Beratung
wo die verbündeten Regierungen noch ulcht in der Lage waren, ihrerseits Siellung zu
nehmen. Ich glaube, das verkennen Sie und das beeinträchtigt Ihr Urteil. Jedenfalls
bin ich mir bewußt, für das Zustandekommen des Gesetzes mein Bestes beigetragen zu
haden, und ich werde weiter tun, was ich kann, um dem Gesetz in einer Form, in der es
seinen Zweck erfüllt, zur Annahme zu verhelfen.
Wenn ich in diesem oder jenem Punkt im Laufe der Beralungen wiederholt ge-
nötigt war, zu warnen, abzuraten, zu widersprechen, so waren das — ich glaube, ich kann
sagen, in jedem einzelnen Falle — Punkle, wo es sich für mich darum handelte, ob der
Zweck des Gesetzes beeinträchtigt wird oder nicht. Das allein ist für mich maßgebend
gewesen. Sie haben sehr oft Gegensätzlichkett zwischen Arbeltgeber= und Arbeilnehmer-
interessen auch in meiner Stellung gesehen, wo es sich nicht um Arbeltgeber= und Arbeil-
nehmerinteressen handelte, sondern einzig und allein um die Frage des großen vater-
tändischen Gesamtzweckes, den wir mit diesem Gesetz verfolgen. Wir werden ja über
einzelne Punkle im Laufe der Beralung noch sprechen, und ich bitte Sie jetzt schon, auch
hier alles, was ich sagen werde, und was vielleicht nicht ganz in der Richtung Ihrer Wünsche
liegi, von diesem Standpunkte aus zu beurtellen und zu erkennen, daß nicht einseitige
Interessen für mich maßgebend sind, sondern einzig und alleln der Zweck, mit diesem.
Gesetz das Höchstmaß der Steigerung unserer nationalen Produktion zu erreichen, das
Höchstmaß der Steigerung an Kanonen und Granaten wie auf der anderen Seite an Brol.
M. H., wir stehen in dem schwersten Kriege nach außen, den Deutschland jemals
durchgemacht hat, und deswegen brauchen wir mehr als je Frieden und Einheil im In-
nern. In diesem Sinne ist das ganze Hilfsdienstgesetz gedacht. Sein Hauptzweck ist, wie
ich eben erwähnt habe, Steigerung unserer Erzeugung von Kriegsmaterial und alles
dessen, was für die Volksversorgung notwendig ist. Aber ein anderes wird, wie ich hoffe,
sich daneben einstellen: ich hoffe, daß dies Gesetz, das die Einheit der vaterländischen Hilfs-
dienstpflicht für alle Deutsche, ohne Unterschied von Klasse und Stand, verkündigt und
verwirklicht, elnen neuen eisernen Reif um die Gesamthelt des Volkes schmieden wird.
Abg. Haase (soz. Arbeltsgem.): Die Klassenunterschiede bleiben nicht nur bestehen,
sondern werden durch das Geseß noch in hohem Maße verschärft. Die Uniernehmer haben
in Zulunft uicht mehr nötig, die Erhöhung des Lohnniveaus ausschlaggebend in Betracht
zu ziehen, wenn sie Arbeiter heranzlehen wollen, denn sie werden ihnen ja vom Kriegs-
amt zugewiesen. Die Frauenarbeit wird schärfer auf die Löhne drücken, denn die einzige
Möglichkelt, das zu verhindern, ist vereitelt worden, indem man unseren Antrag abge-
lehnt hat, wonach die in den Betrieben elnzustellenden Frauen den gleichen Lohn wie
die Männer zu erhallen hätllen. Die Schutzbestimmungen, die man in das Gesetz hinein-
gearbeitet hat, sind unzureichend und unwirksam. Tausende von Arbeitern in den besetzten
Gebieten sind dem Arbeitszwange unterworfen worden; wir fordern die Regierung
dringend auf, insbesondere in Belgien diesen Arbeitern dle Frelheit wiederzugeben. Aus