Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 887
Abg. Dr. Rösicke (dlons.): Die Zusammensehung dieser Ausschüsse würde dazu
führen, daß zur Fällung eines Urteils Leute berafen sind, die keine oder keine genügende
Kenntnis von der Sache haben. Landwirkschaft und Industrie sind in ihrer Eigenart so
verschieden, daß es undenkbar ist, daß Persönlichkeilen, die lediglich gewerbliche Verhältnisse
kennen, auch nur einigermaßen die landwirtschaftlichen Verhälinisse beurleilen können.
Wir beantragen deshalb, daß für gewerbliche Betriebe die Vertreter eines gewerblichen,
für landwirtschaftliche Betriebe aus landwirtschafllichen Berufsgruppen zu entnehmen
##nd.
" Abg. Bauer (Soz.): Das Geset sleht ja doch vor, daß neben den beiden ständigen
Bertretern ein Drittel von jeder Kategorte der Berufsgruppe zu entnehmen ist, der der
beteiligte Hilf#s#dienstpflichtige angehört. Damit werden die Inieressen der Landwirtschaft
ausreichend gesichert.
Staatsselrelär d. J. Dr. Helsserich: Ich möchte dem hohen Hause empfehlen, dem
Antrag auf Nr. 573 der Drucksachen die Zustimmung zu geben. Ich glaube, die Gründe
brauche ich nicht länger auszuführen. Der Herr Abg. Dr. Rösicke hal das Nötige gesagt.
Wesentsich ist für mich, daß es ohnehin gewisse Schwierigkeiten machen wird, die Schieds-
stellen auf die Landwirtschaft auszudehnen, wie das im Gesetzentwurs vorgesehen ist. Die
Schwierigkeiten werden erheblich abgemildert — und das halte ich für nötig im Interesse
der landwirtschafflichen Produktion —, wenn Sie dem Antrag auf Nr. 573 die Zustimmung
erleilen wollen.
Abg. Gothein (fortschr. Volksv.): Ich bitte dringend, den Antrag abzulehnen,
der mit dem Geiste unserer Beschlüsse und auch mit dem Wortlaut des § 9 unvereinbar ist.
Wenn der Staatssekretär sich die Mühe nimmt, den Absatz 2 nochmals durchzulesen, wird
er sich von der Unmöglichkeit, diesen Antrag anzunehmen, überzeugen.
Abg. Behrens (deulsche Fraktion): Die Folge dieses Antrags würde die Bildung
zweier Ausschüsse sein, je eines für gewerbliche und für landwirtschaftliche Betriebe. Ich
würde vorschlagen, dem Antrag die Worte „in der Regel“ einzuschieben, dann würde man
nicht ständig zwel Ausschüsse nebeneinander brauchen, und der Bundesrat hätle mehr
Freiheit, die Sache zweckmäßig zu regeln.
Abg. Dr. Rösecke (dkons.): Wir sind mit der Einschaltung der Worte „in der Regel“
ecinverstanden und ebenso mit den weiteren Ausführungen des Vorredners. Dem Abg.
Bauer erwidere ich, daß unser Antrag nicht nur auf die landwirtschaftlichen, sondern
ebenso auf die gewerblichen Betriebe gerichtet ist; wir haben nur die Absicht, der Sachlichkeit
zu dienen.
Abg. Gothein (fortschr. Volksp.): Auch mil dem Zusatz „in der Rege“ bleibt der
Antrag eine Unmöglichkeit. Es wird nach §& 9 in der Regel für jeden Bezirk eine Ersatz-
kommission, ein Ausschuß gebildet, und nun soll es weiter heißen: „In der Regel sind für
gewerbliche Betriebe die Vertreter aus den gewerblichen Berufsgruppen usw. zu ent-
nehmen.“ Wie soll denn in einem Ausschuß, der zwei ständige Mitglieder hat, so verfahren
werden, wie der Antrag will? Das ist unmöglich, dann müßten doch mehrere Ausschüsse
gebildet werden.
Abg. Erzberger (Zentr.): Die Bildung zweier Ausschüsse für jeden Bezirk wäre
iein Fehler und kein Nachteil, sondern böte gewisse Erleichterungen. Man sollte sich daher
hlier lieber darüber verständigen, daß das in die Ausführungsbest. kommt, dann kommt
der Relchstag auch zur Geltung.
Staatssekretär d. J. Dr. Helfferich: Ich bitte um Verzeihung. Ich habe den Herrn
Abg. Erzberger wegen der Unruhe im Hause nicht richtig verstehen können. Es wird mir
eben gesagt, Herr Abg. Erzberger habe um eine Erklärung gebeten, ob auch eventuell ohne
diesen Antrag durch die Ausführungsbestimmungen in den Fällen, in denen die
Landwirtschaft hervorragend in Betracht komme, den Gesichtspunkten der Herren
Antragsteller Rechnung geltragen werden könne. Wenn zwischen den verbündeten Re-
gierungen und dem Hause Übereinstimmung besteht, daß der Bundesrat mit dem evenluell
einzusetzenden Reichslagsausschuß eine solche Bestimmung erlassen kann, dann halte ich