Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916. 889
Staatssekretär d. I. Dr. Helfferich: Die Erklärung, auf die der Herr Abg. Erz-
berger jetzt entscheidenden Wert legt, kann ich abgeben. Nach meiner Ansicht schließt der
Worklaut des # 9 keineswegs aus, daß der Bundesrat zusammen mit dem zu bildenden
Reichstagsausschuß eine solche Bestimmung beschlleßt, wie sie im Sinne des konservatwen
Antrages liegt. Ich habe nur, nachdem ich vorhin diese Erllärung abgegeben habe und
darauf Widerspruch aus dem Hause dagegen erhoben worden ist, loyal zu sein geglaubt,
wenn ich darauf aufmerksam mache, daß darin eine gewisse Gefahr liegen könne. Die Ent-
scheidung darüber, ob diese Gesahr wichtig ist oder nicht, muß ich selbstverständlich dem
Hause überlassen. Nach meiner Auffassung jedenfalls genügen die Ausführungsbe-
stimmungen.
Abg. Graf Westarp (dkons.): Ich akzepliere die Erklärungen, die die Abgg. Erz-
berger und Gothein sochlich abgegeben haben; aber wir möchten Wert darauf legen, für
die Regel das Prinzip festzulegen.
Der Antrag der Deulsch-Konservativen, der jetzt laulet:
„in der Regel sind für gewerbliche Betriebe die Vertreter aus den gewerb-
lichen Berufsgruppen, für landwirtschaftliche Betriebe aus den landwirtschaftlichen
Berufsgruppen zu entnehmen“
kommt nunmehr zur Abstimmung. Gegen ihn stimmen die Sozlaldemokraten beider
Richtungen, die fortschrittliche Volkspartei und die Mehrheit der Nationalliberalen. Das
Bureau erflärt den Antrag für abgelehnt.
l 10, wonach das Kriegsamt die Anweisung für das Versahren bei den Ausschüssen
erläßt, wird ohne Debatte angenommen.
Nach #§s 11 müssen in allen für den vaterländischen Hilfsdienst läligen Betrieben, für
die Titel VII der Gew. gilt, und in denen in der Regel mindestens 50 Arbeiter beschäftigt
werden, ständige Arbeiterausschüsse bestehen.
Abg. Stadthagen (soz. Arbeitsgem.): Wir beantragen, die Worte „für die Titel VII
der GewO. gilt“ zu streichen. Durch diese Worle werden die ländlichen Arbeiter, die schon
von dem Koalilionsrecht ausgenommen sind, unter ein ganz besonderes Ausnahmegese3
gestellt. Ich bitie Sie, wenigstens hier die ländlichen Arbeiler mit den übrigen Arbeitern
gleichzustellen.
Der Antrag Stadthagen wird abgelehnt und 3 11 angenommen; desgl. 3 12.
* 13, der Bestimmungen über die Schlichtung von Lohnstreiligkeiten enthält, bestimmt
u. a., daß, wenn in einem für den vaterländischen Hilfsdienst tätigen Betriebe, für den
Titel VII der GewO. gilt, ein ständiger Arbeiterausschuß nicht besteht, bei Lohnstreinigkeiten
der im §# 9 bezeichnete Ausschuß als Schlichtungsstelle angerusen werden kann. In der
zweiten Lesung ist hierzu der Zusatz gemacht worden, daß das gleiche auch für die land-
wirlschaftlichen Betriebe gilt.
Ein Antrag Graf Westarp (dlons.) will diesen Zusatz wleder streichen.
Abg. Dr. Rösicke (dkons.): Dieser Zusatz ist auf den Antrag des Abg. Behrens be-
schlossen worden. Wenn wir ihn beibehallten, so könnten die ländlichen Arbeiter hinter dem
Rücken ihrer Arbeitgeber sich an den Ausschuß wenden, ohne vorher ihre Wünsche dem
Arbellgeber vorgetragen zu haben. Die Arbeiten in der Landwirtschaft müssen schuell
gemacht werden, weil die höchsten volkswirlschaftlichen Werte auf dem Spiele stehen.
Eine Verzögerung in der landwirktschaftlichen Arbeit lann die schwersten Nachteile mit
sich bringen. In der Industrie liegen die Berhältnisse ganz anders. Wir können die Ver-
antwortung für die schweren Nachteile, die aus dleser Bestimmung entstehen können, nicht
übernehmen, und bitten Sic, im letzten Augenblick den Zusatz wieder zu streichen.
Abg. Brey (Soz.): Wenn wir den Zusatz beibehalten, so haben die ländlichen Arbeiler
wenigstens den Schutz, den das Gesetz ihnen geben soll, sie haben dann wenigstens eine
Stelle, wo sie ihre Beschwerde unterbringen können. Nehmen Sie den Antrag Westarp
aber an, so gefährden Sie gerade die Vollksernährung.
Abg. Behrens (deutsche Fraktion): Wir wollen das Vertrauensverhältnis zwischen
den Arbeltnehmern und Arbeitgebern fördern. Daß die Arbeiter hinter dem Rücken des