Bek. über Schllfrohr. 325
11. Bek. über Schilfrohr. Vom 6. Juni 1917. (8Bl. 476.)
[NK. Golksern6. 22. 5. 16.] § 1. Die Landeszentralbehörden können Gemeinden oder
Lommunal#erbänden die Befugnis verleihen, das in ihrem Bezirke wachsende Schilf-
rohr in arünem Zustand zu Futterzwecken abzuernten. Die Befugnis erstreckt sich nicht
auf Schilfrohr, das der Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte selbst zu diesem
Zwecke erntet.
Die Gemeinde oder der Kommunalverband haben dem bisherigen Eigentümer oder
sonstigen Nutzungsberechtigten eine angemessene Vergütung zu gewähren.
§5 2. Jeder Besitzer eines Grundstücks im Bezirk einer Gemeinde oder eines Kom-
munalverbandes, denen die Befugnis nach & 1 Abs. 1 verliehen ist, ist verpflichtet, der
Gemeinde oder dem Kommunalverband oder den von ihnen beauftragten Personen das
Betreten und Befahren seines Grundstücks zu gestatten, soweit dies zur Feststellung des
Vorhandenseins oder zur zweckentsprechenden Aberntung von Schilfrohr erforderlich ist.
#uf Verlangen der zuständigen Behörde hat er zu diesem Zwecke auch geeignete Plätze
zur Trocknung des Schilfrohrs gegen eine von der Gemeinde oder dem Kommunalverbande
zu gewährende angemessene Vergütung zur Verfügung zu stellen. In gleicher Weise sind
Besitzer von Kähnen und ähnlichen Wasserfahrzeugen verpflichtet, diese zur Aberntung
des Schilfrohrs gegen angemessene Vergütung zur Verfügung zu stellen.
6 3. Erklärt eine Gemeinde oder ein Kommunalverband, von der nach § 1 Abs. 1
verliehenen Befugnis keinen Gebrauch machen zu wollen, oder geben sie binnen einer
ihnen von der zuständigen Behörde gesetzten Erklärungsfrist keine Erklärung ab, so geht
auf Antrag des Kriegsausschusses für Ersatzfutter, G. m. b. H. in Berlin die Befugnis auf
diesen oder die von ihm bezeichnete Stelle über. Die Vorschriften der ## 1, 2 finden in
diesem Falle entsprechende Anwendung.
54. über Streitigkeiten, die sich aus der Durchsührung der #5 1 bis 3 ergeben, ent-
scheidet endgültig die höhere Verwaltungsbehördc.
8 6. Die Landeszentralbehörden erlassen die erforderlichen Ausführungsbestim-
mungen. Sie bestimmen, wer als zuständige Behörde und als höhere Verwaltungs-
behörde anzusehen ist.
g 6. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung I8. 6.] in Kraft.
Hierzu:
Preuß. Aus führungsbestimmungen. BZom 25. Juli 1917. (OMmBl. 257.)
I. Den Gemeinden und Kommunalverbänden im Königreich Preußen wird hier-
mit die in 3 1 der Bekanntmachung erwähnte Befugnis, das in ihrem Bezirke wachsende
Schilfrohr im grünen Zustande zu Futterzwecken abzuernten, verliehen.
II. Zuständige Behörde für die in § 2 der Bekanntmachung vorgesehene Anordnung
ist der Landrat, in Stadtkreisen der Gemeindevorstand.
Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne des § 4 der Bekanntmachung ist der Re-
gierungspräsident, für Berlin der Oberpräsident.
III. Die höhere Verwaltungsbehörde entscheidet auch Streitigkeiten (§ 4), die wegen
der Nutzung der verschiedenen Schilfarten entstehen. Das Kolbenschilfrohr (Typba latifolis
und angustifolia) eignet sich nicht zur Futtergewinnung, ist aber von besonderem Werte
für die Fasergewinnung. Die höheren Verwallungsbehörden haben bei ihren Entschei-
dungen darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Nutzung des Kolbenschilfes für Faserzwecke
durch die Futternutzung der übrigen Rohrbestände nicht beeinträchtigt wird.