Full text: Kriegsbuch. Sechster Band. (6)

402 4. Verwertung der Rohstoffe usp. XXVII. Wolle, Brennesseln un# Setde. 
1. Bek. über die Höchstpreise für Wolle und Wollwaren. 
Vom 22. Dezember 1914. (R#l. 845.) 
Wortlaut und Begründung in Bd. 1, 786. 
1. R. II, DJ. 17 334. Wie sich aus der Überschrift der BO. erglbt, de 
trifft sie nur die Höchstpreise für „Wolle“ und „Wollwaren“. Sie erstreckt sich daher nicht 
auch auf Waren, die aus einem Gemisch von Wolle und anderen Stoffen bestehen. Alz 
„Wollwaren" behandelt § 3 das „Militärtuch“, das zur Zeit des Erlasses der V. nach der 
damals maßgebenden Bekleidungsordnung nur aus reiner Wolle hergestellt wurde. Daß 
auch Halbwollgewebe, die erst nach Erlaß der VO. von der Heeresverwaltung als Unisorm. 
bekleidungsstücke zugelassen worden sind, als Militärtuch im Sinne dieser VO. anzusehen 
seien und demgemäß der Höchstpreissestsetzung unterliegen, ist in der Bek. nicht zum Aus. 
druck gelangt, und kann daher nicht angenommen werden. Die Ansicht der Strafk., daß 
das hier in Frage stehende Gemisch von Stoffen als eine neue Ware sich darslellt, und 
daher nicht unter den Begriff des Militärtuches i. S. der vorliegenden VO. jällt, ist hiernach 
nicht rechtsirrtümlich. 
2. RG. 1I, JW. 17 852. Die Außerung des RAJ. vom 6. Januar 1916 besagt nur, 
daß nach dem Wortlaut der VO. ein Höchstpreis für ungewaschene Wolle nicht beslehe 
und daß nach dem Wortlaut des § 1 in einem Vorkommnis wie dem hier srreitigen eine 
Uberschreitung des Höchstpreises nicht ohne weiteres erblickt werden lönne. Damit hat 
also das RAJ. eine Auslegung der VO. abgelehnt. Ebenso unerheblich ist der Umstand, 
daß der § 1 VO. am 23. Oktober 1916 außer Kraft gesetzt ist. Hieraus ergibt sich keineswegs, 
daß man ihn als von Anfang an überflüssig erachtet hat. Die Aufhebung kann ebensowohl 
erfolgt sein, weil durch die inzwischen erfolgte allgemcine Beschlagnahme der Handel in 
ungewaschener Wolle aufgehört halte. Die VO. bedarf allerdings der Auslegung. Der 
Wortlaut spricht gegen die Auffossung der Vorinstanzen. Nach dieser soll im § 1 ein Höchst, 
preis für gewaschene Wolle ohne Waschlohn, im §& 2 ein solcher für gewaschene Wolle ein. 
schließlich Waschlohn festgesetzt sein. Wäre dies die Meinung, so wäre nicht erfindlich, 
warum 5+ 1 von Rohwolle, 53 2 bloß von Wolle spricht, und warum die einleitenden Worte 
beider Paragraphen verschieden gefaßt sind. Es hätte dann sehr nahe gelegen, entsprechend 
dem 5 2 den #51 etwa zu fassen: Der Preis für 1 kg darf nicht übersteigen: bei gewaschener 
Wolle ohne Waschlohn usw. Außerdem ist nicht einzusehen, warum dann die Ausstellung 
zweier verschiedener Preisstaffeln für gewaschene Wolle nötig gewesen wäre. Ein klarer 
Unterschied zwischen den Vorschriften des & 1 und des 3 2 Nr. 1 ergibt sich nur, wenn man 
annimmt, daß die in Klammern gesetzten Worte im & 1 nicht atributiv zu Rohwolle, sondern 
als nähere Bestimmung des festgesetzten Höchstpreises gemeint sind, daß cs also deutlicher 
hätte heißen müssen: „der Preis (Basis rein gewaschen ohne Waschlohn) für 1 kg Rob= 
wolle“ usw. Enischeidend ist, daß die Festsetzung dicser Höchstpreise eine wirtschaftliche 
Maßregel ist, die gar nicht ohne Zuziehung von Sachverständigen aus Handel und Ge- 
werbe geschaffen sein kann. Es ist deswegen höchst wahrscheinlich, doß bei Abfassung der 
B0O. die im Handeleverkehr üblichen Ausdrücke angewandt sind. Alle Saochverständigen, 
die in der Streitfrage zu Worte gekommen sind — die Sachversländigen St. und A., der 
Vorstand des Leipziger Vereins für Wollhandel, die Handelslammer zu Leipzig —, ver- 
stehen aber den §& 1 dahin, daß in ihm ein Höchstpreis für ungewaschene Wolle, berechnet 
auf Grundlage des Waschergebnisses ohne Waschlohn, sestgesetzt ist. Sie behaupten auch, 
baß die eingeklammerten Worte „rein gewaschen ohne Waschlohn" gerade deshalb in den 
5& 1 nachträglich eingesügt seien, weil die Handelskammer Leipzig darauf hingewiesen 
hatte, daß die im Entwurf festgesetzten Preise unmöglich für ein Kilo rohe Wolle gelten 
könnten. Ist diese Behaouptung richtig, so ist außer allem Zweisel, daß die V. im Sinne 
der Kl. ausgelegt werden muß; aber auch hiervon abgesehen, muß der Sprachgebrauch 
der beteiligten Handelskreise berücksichtigt werden. Das B. tätte daher seine Entscheldung 
nicht treffen dürsen, ohne die zu diesen Punkten angebotenen Beweise zu erheben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.