516 5. Zuwiderhandlungen gegen die Kriegswirtschaftsgesetze.
Bedeutung beilegen, so wärc wohl in den meisten Fällen, auf die sich L BRBO. bezieht
eine Bestrafung unmöglich, weil der von dem Angeklagten behauptete Vorgang nur bocht
selten sormgerecht widerlegt werden könnte.
Der Angekl. hat vor Abschluß des Verkaufs eine Erkundigung bei Sachverständigen
oder Behörden nicht eingezogen, er hat das unterlassen, obwohl er einige Zeit vorher
wegen Vornahme einer ebensolchen Handlung bereits verantwortlich vernommen worden
war. „Er führt an,“ sagt die Strafk., „daß auch Behörden, bei denen er sich allerdinge
erst nachträglich erkundigt habe, derselben Ansicht gewesen seien.“" Die Strafk. hat dem
bloßen „Anführen" des Angekl. „geglaubt“. Entzieht sich auch der Nachprüfung durch das
Revisionsgericht, ob die Strafk. zureichenden Grund hatte, dem bloßen Behaupten
„Anführen“ — des Angell. nach dieser Richtung ohne weilere Beweiserhebung einfach
zu „glauben“, so kann den Angekl. eine nachträgliche Erkundigung bei irgendeiner Be-
hörde nicht schützen. Hierzu wäre der Nachweis erforderlich, daß der Angekl. a) vor der
Bornahme der Handlung die Auskunft, b) einer zuständigen Behörde oder eines zustän-
digen Beamten oder einer der zahlreichen nichtamtlichen Auskunftsstellen eingeholt und
die Auskunft erhalten hat, die Handlung sei erlaubt; und selbst eine solche Auskunft lönnie
ihn in dem Falle nicht schützen, „wenn er die Auskunft als unrichtig erkannt hat oder ihm
sein Vertrauen auf die Richtigkeit als Verschulden angerechnet werden kann- (Schäfer
a. u. O. 431).
6S. DJZ. 17 971 (Braunschweig). Nach der VO. v. 18. Jan. 1917 soll eine Ver-
urteilung nichi eintreten, wenn der Angeschuldigic „in unverschuldelem Irrtum über das
Bestehen oder die Anwendbarkeit der übertretenen Vorschrift die Tat für erlaubt" hielt.
Es genügt nicht festzustellen, daß er die Bestimmung gekannt hat, sondern es muß geprüft
werden, ob er auch die Auwendbarkeit der VBorschrift erkannt oder mit Verschulden ver-
kannt habe, zumal da der Angelkl. geltend macht, daß er mit Rücksicht auf die verfügbaren
Rohstoffe geglaubt habe, durch dic Warenbezeichnung nicht gegen die VO. zu verstoßen.
3. Der verschuldete Irrtum.
a) Schäfer a. a. O. 428. Wenn die Berücksichtigung des Rechtsirrtums in gewissen
Fällen durch Geset vorgeschrieben wird, so liegt darin mindestens für die Geltungsdauer
der VO. ein kaum widerlegbares argumentum e contrario dafür, daß der Rechtsirrlum
in anderen Fällen nach dem Willen des Gesetzgebers keine Berücksichtigung sinden soll.
b) v. Hippel, Leipz #. 17 704. Ein argamentum e contrario im Sinne Schäfers
ist völlig unmöglich. Denn der BR. ist außerhalb des Gebiets des Ermächt G. überhaupt
kein „Gesetzgeber“, sondern nur einer der Faktoren der Gesetzgebung, also gar nicht in der
Lage, solche Gesetze authentisch zu interpretieren oder indirekt für deren Auslegung rechts-
verbindliche Grundsätze aufzustellen. Es ist das auch durchaus nicht dic Absicht des BR.
gewesen. Ebenso Binding a. a. O. 299.
c) REG. IV, JW. 17 907. Die BRV O. v. 18. Jan. 17 erkennt die Berücksichtigung des
entschuldbaren Rechtsirrtums an. Keineswegs ist aber der strafrechtliche Irrtum schlecht-
hin dem Tatirrtum gleichgestellt, so daß beim Vorlicgen eines durch Fahrlässigkeit ver-
schuldeten Irrtums gemäß § 59 Abs. 2 StGB. Bestrafung nur wegen fahrlässiger Zu-
widerhandlung einzutreien hatte. Bei dem Schweigen der BRVO. über den verschul-
deten Irrtum muß vielmehr angenommen werden, daß es bei dem bisherigen Rechtszu.
stand verblieben ist, wonach der strafrechtliche Irrtum keine Berücksichtigung sindet.
d) RG. 1, Recht 17 556 Nr. 1066. Die VO. schafft neues Recht, indem sic den Straf-
rechtsirrtum als Schuldausschließungsgrund anerlennt; es handelt sich nicht etwa umt
eine maßgebende Erläuterung des bestchenden Rechts dahin, daß aus dicsem zu Unrecht
in der Rechtsprechung hergeleitet werde, es messe dem Irrtum üÜber das Strafgeseh keine
Bedeutung bei. Trotzdem ist aber die neue Vorschrift nach § 2 Abs. 2 StG. auch dann
anwendbar, wenn die Tat vor dem Inkrafttreten der VO. begangen ist, die Aburteilung
aber erst nach diesem Zeitpunkt staitfindet.