606 Nachtrag. 5, Zuwlderhandlungen gegen die Kriegswirtschaftsgesetze.
verhandlung zum Nachweise des Irrtums und seiner Entschuldbarkeit nicht auf die Vu-
sichten beachtlicher und maßgebender Stellen berufen, sondern nur behauptet, daß die
im Deutschen Handelstage vertretenen Handelsgruppen, also Interessentenkreise, seiner
Ansicht gewesen seien. Diesen Einwand hätte die Strafk. schon unter dem Hinweise auf
die Lebenserfahrung abtun können. Wenn sie ein Übriges getan hat, so genügt das auf
jeden Fall. Nach dem Urteil aber hat der Angekl. auch selbst Zweifel gehabt, ob Stärke
für Wäsche zu den Gegenständen des täglichen Bedarfes gehöre. Wenn die Strafk. dei
diesem eigenen Zweifel des Angekl. ihm Fahrlössigkeit deshalb zur Last legt, weil er sich
unter Beiseitesetzung dieser Zweifel einfach der Auffassung der Interessentenkreise an-
geschlossen und nicht cine Auskunft von maßgebender, amtlicher Stelle über die Zulässig-
leit des von ihm beabsichtigten Verkaufs eingeholt habe, so ist das rechtlich nicht zu bean.
standen.
5. Mitt. f. Preisprüsst. 17 240 (BayObLG.) Nicht angängig ist, den Irrtum ale
vorhanden zu unterstellen und die Entscheidung darauf zu beschränken, ob der Irrtum
verschuldet ist oder nicht. Der fahrlässige Irrtum über das Strafgesetz stempelt zwar die
Straftat nicht zu einer fahrlässigen, aber er kann Einfluß auf die Strafzumessung haben.
Das Recht verlangt jedoch eine der Schuld entsprechende Strafe, die nur dann gerecht
sein kann, weun die wirlliche Schuld ermittelt wird. Die Strafe wird anders zu bemessen
sein, wenn die Tat in Kenntnis des Strafgesetzes als wenn sie in fahrlässiger Unkenntnis
des Gesetzes begangen wurde. Der Beweis über das Vorhandensein eines Irrtums über-
haupt oder eines unverschuldeten Irrtums ist von Amts wegen zu führen. Eine voll-
ständige Uberprüfung des gesamten Inhalts der vorliegenden Akten hätte eine ausreichende
Unterlage für die Entscheidung bringen können, ob die Behauptung des Angekl. von seiner
Unkenninis der übertretenen Vorschrift wahr ist.
6. RG. V, Recht 17 591 Nr. 1125. Beruht der Irrtum über das Strafgesetz auf
Fahrl., so ist deshalb doch der Vorsatz für die Begehung der Tat nicht ausgeschlossen.
Das Verschulden des Täters in bezug auf die Unkenntnis des Strafgesetzes beseitigt ledig-
lich die durch die B##O. erst geschaffene Beachtlichkeit dieser Unkenntnis. Die Frage,
ob der Täter vors. oder fahrl. gehandelt hat, beantwortet sich unaobhängig hiervon, danach,
ob er die Tatumstände gekannt und in seinen Willen ausgenommen hat, die nach dem
Gesetz den äußeren Tatbestand des Vergehens bilden, oder ob, soweit dies nicht zutrifft,
sein tatsächlicher Irrium fahrlässig verschuldet war (5 59 Abs. 1 u. 2 StG.).
7. RG. IV, Recht 17 590 Nr. 1124. Der Staatsbürger hat die Pflicht, sich während
des Krieges über die seine Lebensverhältnisse berührenden Kriegs BO. zu unter-
richten, insbesondere gilt das für Handel- und Gewerbetreibende hinsichtlich der ihr ge-
schäftliches Gebiet beireffenden Verordnungen. Die BRVO. vom 18. Januar 1917
beruht indes gerade auf dem Gedanken, daß es vielen unmöglich sei, in den Kriegsgesetzen
Bescheid zu wissen und deshalb ihre Unkenntnis unverschuldet sein könne. Deshalb kann
die Berufung auf Unkenntnis nicht allgemein durch den Hinweis auf die Möglichkeit zur
Eckundigung zurückgewiesen werden; vielmehr bedarf es im Einzelsall sorgfältiger Prüfung,
ob dem Täter nach persönlicher Einsicht und Fähigkeit und den sonstigen Verhällnissen
zugemutet werden konnte, daß er sich nach dem Bestehen der Vorschr. erkundigte. Ve-
steht für den Täter kein ausreichender Grund zu der Annahme, daß seine Handlung im
Krieg verboten sein könne, so hat er auch keinen Anlaß zur Erkundigung; seine Verpflich-
tung zu einer solchen muß daher stets aus bestimmten Anhaltspunkten abgeleitet werden.
8. RG. IV, Recht 17 590 Nr. 1123. Als auf Grund des Ermes. erlassen, haben
auch die VO. des RK. zu gelten, die von diesem auf Grund der ihm in der BRVO.
über Kriegsmaßnahmen zur Sicherung der Volksernährung vom 22. Mai 1916 (RGBl.
401) erteilten Ermächtigung erlassen sind. Daher gilt die Bestimmung über die unver-
schulbete Unkenntnis des Strasgesetzes auch für Zuwiderhandlungen gegen die Keiten-
handels VO. vom 24. Juni 1916 (RGl. 581).
9. R. I, Recht 17 591 Nr. 1127. Die Annahme, daß Malz nicht zu den Gegenständen
des täglichen Vedarfs gehöre und daher Preisvereinbarungen in jeder Höhe erlaubt