Einzlehung und Veräußerung beschlagnahmter Gegenstände. 807
geien, ist ein Irrkum über das Strasgesetz und, falls unverschuldet, gecignet, die Straf-
barkeit auszuschließen.
10. RG. V. Recht 17 591 Nr. 1126. Hat der Täter daraus, daß der Handel mit einer
Ware von keiner Behörde beanstandet wurde, geschlossen, der Handel sei erlaubt, und des-
halb eine Erkundigung unterlassen, so gercicht ihm diese Unterlassung nicht zum Verschulden.
11. N. I, Leipz#. 18 38. Entscheidend für die Annahme eines unverschuldeten JIrr-
tums i. S. der VO. v. 18. Jan. 1917 ist stets, daß der Beschuldigte bezügl. der Erlangung
der Kenntnis vom Bestehen oder der Anwendbarleit einer Vorschrift sich so verhalten yat,
wie es von ihm nach seiner Persönlichkeit und seinen Verhältnissen verlangt werden kann.
Nur wenn er das getan hat, kann bei Verletzung der Vorschrift durch den Beschuldigten
von einem unverschuldeten Jrrtum gesprochen werden. Es muß geprüft werden können,
ob der Irrlum trotz pflichtgemäßen Verhaltens bestanden hat. Bei nicht pflichtgemäßem
Handeln bleibt immer die Möglichkeit ossen, daß andernfalls der Irrtum vermieden worden
wäre, und kann daher ein Beweis für unverschuldeten Irrtum nicht erbracht werden.
Einen Irrtum ohne Rücksicht auf das Verhalten des Beschuldigten als unverschuldet zu
erklären, ist begrifflich ausgeschlossen. Schwierigkeit und Strittigkeit der Auslegung der
Vorschrift können daran nichts ändern. Auch hierbei ist die Möglichkeit, bei pflichtgemäßer
Erlundung den richtigen Ausschluß zu erhalten, immerhin vorhanden und für den Jall,
daß der Anfragende Kenninis von den widerstreitenden Auffassungen erhält, wird er
regelmäßig Grund haben, der einen wie der andern Auffassung zunächst zu mißtrauen
und bis zu besserer Aufllärung sein Handeln tunlichst so einzurichten, daß es weder im einen
noch im andern Sinne der Vorschrift zuwiderläuft, oder es überhaupt zu unterlassen.
12. RG. I, Recht 18 20 Nr. 35. Treffen in einer und derselben Handlung (+ 73 St B.)
Zuwiderhandlungen gegen verschiedene BO. über wirtschaftliche Maßnahmen zusammen
(z. B. verbots widrige Preissteigerung innerhalb des durch die BRO. v. 4. Mai und
7. Okt. 1916 verbotenen Malzhandels), so ist dem Täter nicht etwa der Schutz aus dem
Rechtsirrtum um deswillen völlig zu versagen, weil er in bezug auf eine der mehreren
Verfehlungen und daher auch in bezug auf sein einheitliches Tun die Unerlaubtheit lannte.
Vielmehr ist jede Zuwiderhandlung für sich gesondert zu beurteilen und hat straflos zu
bleiben, wenn insoweit entschuldbare Unfsenntnis des Strafgesetzes besteht. Denn der
Ausdruck „erlaubt“ hat nicht die Bedeulung: in allen strafrechtlichen Beziehungen erlaubt,
sondern bezieht sich auf die einzelne übertretene Verordnung. Daher kann gegebenenfalls
Bestrafung wegen Malzhandels eintreten, wegen der Preissteigerung aber zu unter-
bleiben haben.
2. Bek., betr. einige die Kriegeverordnungen ergänzende Vorschriften
über Einziehung und über Veräußerung beschlagnahmter Gegen-
stände. Vom 22. März 1917. (R#l. 255.)
Wortlaut in Bd. 6, 523.
Begründung. (D. N. XI 243.)
Die Einziehung oder Derfallerklärung von Gegenständen oder Vorräten, auf
die sich die strafbare Handlung bezieht, ist in den Strafbestimmungen zahlreicher Kricgs-
DO. zugelassen. Diese Maßnahme hat sich als besonders wirksam zur Bekämpfung von
Mißständen, insbesondere auf dem Gebiete der Dolksversorgung, erwiesen. Sie konnte
jedoch in den meisten Fällen nur im Susammenhange mit der Bestrafung einer be-
stimmten Herson, nicht für sich allein angeordnet werden. Das hatte sich in der Hraxis
als ein Mißstand herausgestellt. Es kommt häufig vor, daß Gegenstände, auf die sich
die strafbare Handlung bezieht, z. B. Host= oder Bahnsendungen, in die Bände der Straf-
verfolgungsbehörden gelangen, während der Uäter sich der Derfolgung entzogen hat
oder nicht ermittelt werden kann. Bier bildet die Einziehung oft das einzige Mittel um
den Schuldigen wirksam zu treffen oder weiteren Fuwiderhandlungen vorzubeugen.