Bek. zum Schute der Mieter v. 26. Juli 1917. 8 3. 647
Wie sicht nun aber dieser Mieter da, der nach dem Abschluß des neuen Mietvertrags
sein attes Mietverhältnis gekündigt hatte und nun, nachdem der neue Vertrag gemäß
& 1 Nr. 2 VO. vom Einigungsamt ausgehoben worden ist, sein altes Verhältnis fortsetzen
möchte? Die VO. versagt hier, weil sie in fehlerhafter Weise nur über die Wirksamkeit
einer Kündigung des Vermieters eine Entscheidung des Einigungsamts zuläßt. Der neue
Mieter kann also der Leidtragende sein, während die Folgerichtigkeit geböte, weitere Ver-
träge abwechselnd zur Fortsetzung oder zur Aufhebung zu bringen.
13. Cohn a. a. O. 42. Es ist nicht nötig, daß der Mieter die Anordnung über die
Fortsetzung des gekündigten Mielverhältnisses und ihre Dauer beantragt, und noch viel
weniger, daß die Dauer die Fortsetzung seinem Antrage gemäß bestimmt wird. Nur dem
Bermieter wird vielsach an einer bestimmten Dauer der Verlängerung gelegen sein, und
es kann sogar geschehen, daß er, wenn seine Kündigung überhaupt für wirkungslos erklärt
wird, eine größere Verlängerung wünscht als sein Mieter. Anders als bei der Gewährung
einer gerichtlichen Räumungsklage erwirbt er hier auch Rechte. Eine solche Räumungsfrist
auszunutzen, ist der Mieter keineswegs gezwungen. Wird dagegen die Fortsetzung des
Mietverhältnisses angeordnet, so gilt die Bestimmung des Einigungsamts nach §s 3 Abs. 2
als Teil des Vertrags. Daraus folgt übrigens, daß der Mieter, wenn nach der Beslim-
miumg des Einigungsamts das Mietverhältnis an einem bestimmten Tage ohne Kündigung
endigt, dei Eintritt dieses Zeitpunkts das Einigungsamt nicht nochmals um die Verlänge-
rung des Verhältnisses angehen kann. Will das Einigungsamt ihm diese Möglichkeit offen-
halten, so muß es bestimmen, daß das Mietverhältnis zu dem seslgesetzten Zeitpunkt nur
dann aufhört, wenn der Vermieter es bestimmte Zeit vorher kündigt.
14. Tauber, JW. 17 807. Soweil es sich um eine Fortsetzung des Mietverhälluisses
jür längere Zeit als ein Jahr handelt, bedürfen derartige „Vereinbarungen“ gemäß § 566
36. der Schriftform, widrigenfalls der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen
gilt und vorzeitig (frühestens für den Schluß des ersten Jahres) gekündigt werden kann.
Nach der Anordnung für das Verfahren vor den Einigungsämtern (vgl. § 10) ist
über die Verhandlungen vor den Micteinigungsämtern eine Niederschrift aufzunehmen,
welche vom Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen ist. Diese Niederschrift
kann aber natürlich als gerichtliche Beurkundung (§ 126 Abs. 3 B#.) nicht gelten; sie
ersetzt also nicht die Schriftform. Um ceinen schriftlichen Mietvertrag nach der Vorschrift
des §566 BB. zu erhalten, müßte also das Protokoll zum mindestens auch von den Ver-
tragsparteien unterzeichnet werden. § 10 Abs. 2 a. a. O. enthält aber die Vorschrift, daß das
Protokoll von den Beteiligten zu unterzeichnen ist, nur als Sollschrift. Die Rechtswirk-
samkeit der Bestimmungen des Mieteinigungsamts ist also von dieser Unterzeichnung un-
aöbhängig. Da das Mieteinigungsamt auch ohne mündliche Verhandlung und ohne
Anwesenheit der Parteien entscheiden kann (vgl. § 4 a. a. O.), so wird die Schriftform
im Sinne des 3 126 häufig nicht gewahrt sein. In diesem Falle ist, soweit die Be-
stimmungen des Mieteinigungsamts sich auf längere Zeit als ein Jahr erstrecken, nur ein
mündlicher Mietvertrag als vorliegend zu erachten, welcher gemäß §&566 Bo# vorzeitig
gekündigt werden kann.
15. Oertmann a. a. O. 957. Wenn der Entscheid nach Maßgabe der VO. ergangen
ist, ist er unanfechtbar; aber ob er danach ergangen ist, unterliegt der gerichtlichen Nach-
prüfung. Dafür sprechen nicht nur zwingende rechtspolitische Gesichtspunkte, sondern
auch die Erwägung, daß die Einengung des ordentl. Rechtsweges und der gerichtlichen
Nachprüfungsmöglichkeit unseres geltenden Rechts immer etwas Ausnahmsweises ist
(G W. 5.17 Abs. 1), das nicht weiter ausgedehnt werden kann, als das Gesetz es in aller
Form verlangt.
16. Oertmann a. a. O. 957. Sehr zweifelhaft ist, ob bei unzulänglicher Besebung
des Einigungsamts ebenso zu entscheiden ist, mindestens da, wo der Beschluß diese Unzu-
länglichleit nicht schon in seinem äußeren Habitus erkennen ließ — eine Nachprüfung auf
interne Vorgänge bei Fällung des Spruchs kann dem ordentlichen Gericht siungemäß
nicht zugebilligt werden. Anders z. B., wenn er in aller Form nicht vom Einigungsamt,