Bek. gegen übermäßige Preissteigerung v. 23. Juli 1915. § 5. 673
1) 36G. IV, Recht 17 401 Nr. 830. Bei vorsäßicher Zuwiderhandlung gegen die
Preissteigerungs V. ist nach der BRVO. v. 23. März 1916 das Mindestmaß der Geld-
Krafe stets das Doppelte des übermäßigen Reingewinnes. Dessen Geldbetrag muß daher
festgestcllt werden. Uberschreitet dieser Mindestbetrag der Geldstrafe (5 5 Abs. 2) die in
z 6 Nr. 1 angedrohte Höchststrafe von 10000 M., so ist trotzdem „auf ihn“ d. h. auf das
Doppelte des Reingewinns zu erkennen; Abs. 2 enthält sonach eine Ausnahme von dem
relativen Strafmaß des Abs. 1.
m) Honsch Z. 17 Bl. 215 (Hamburg). Für die Strafbarkeit unerheblich ist es, daß
der Einkaufspreis noch nicht sicher feststeht und daß der Ankündigende sich der Ubermäßig-
keit des Gewinnes möglicherweise nicht bewußt war.
n) RG. I, Rech! 17 555 Nr. 1062. Die Bestimmungen der BRO. v. 23. Mär
1916 bilden zusammen mit der Preissteigerungs VO. ein einheitliches in sich abgeschlossenes
Gesetz. Die Unkenntnis der BRO. ist daher ein Irrtum über das Strasgesetz, der nicht
anders als nach der BRVO. v. 18. Jan. 1917 zu entschuldigen vermag. Irrtum über
den Begriff des täglichen Bedarfs ist Strafrechtsirrtum. Die Übermäßigkeit des Ge-
winnes braucht der Täter nicht anders zu kennen, als daß ihm die Tatsachen bekannt sind,
aus denen sich die Übermäßigkeit ergibt.
Bürgerlichrechtliche Wirkungen.
(Erläuterung a bis c in Bd. 2, 189ff.; d, c in Bd. 4, 766; f bis h in Bd. 5, 184.)
1) Leipz Z. 17 1277 (Kiel I). Der Tatbestand der 885 134, 138 BGB. ist nicht gegeben,
wenn nur eine Partei beim Abschluß des Geschäftes gegen Gesetz oder gute Sitte ver-
stößt, ohne daß auch dem Vertragsgegner dieser Vorwurf zu machen ist; alsdann kann nicht
festgestellt werden, daß das zweiscitige Rechtsgeschäft als solches von dem Verbot oder
der Unsittlick keit betroffen würde. Solliegt aber der Fall hier. Denn § 5 Nr. 1 der BR.
v. 23. Juli 1915 wendet sich nur gegen das einseitige Handeln des Verkäufera, gegen seine
zu hohe Preisbemessung, und schon das Fordern eines zu hohen Preises ohne Rücksicht
darauf, ob ein Geschäft überhaupt zustande gekommen ist, oder nicht, fällt unter das Straf-
gesetz. Dagegen macht sich der Käufer, der den übermäßigen Preis bewilligt, an sich nicht
strafbar, es sei denn, daß er den Verkäufer zu der übermäßigen Preisforderung angestiftet
hälte (BayOb LG., LeipzZ. 16, 824). Nicht die rechtsgeschäftl. Einigung, sondern die
IEinseitige Preisbestimmung des Verkäufers ist also dasjenige, was das Gesetz und die guten
Sitten verbieten. Das Rechtsgeschäft als solches ist daher nicht nichtig. Nahe liegt zwar die
entspr. Anwendung des §* 138 Abs. 2 BGB., zumal das Fordern übermäßiger Preise all-
gemein und auch in der amtl. Begr. der BRVO. (Güthe-Schlegelberger, Krieas-
buch II, 189) als Kriegswucher bezeichnet wird. Daß der Talbestand des Wuchers, ob-
wohl § 138 Abs. 2 mit „insbesondere“ der allgemeinen Bestimmung des § 138 Abs. 1 au-
gegliedert ist, in Wahrheit degrifflich nicht schon unter 3 138 Abs. 1 fällt, da der Bewucherte
seinerseits einen Verstoß gegen die guten Sitten nicht begeht, ist schon in der Rechtslehre
hervorgehoben worden (Hölder, DJZ. 1908, 46). Immerhin trifft das Handeln des
Wucherers den Tatbestand der rechtsgeschäftl. Einigung selbst, da das Rechtsgeschäft als
solches das Mittel sein muß, durch welches eine Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns##
und der Unerfahrenheit des Bertragsgegners stattfindet. Es ist diese rechtsgeschäftl. Aus-
beutung bestimmter Berhältnisse oder Eigenschaften des Bertragsgegners ein wesentliches
und notwendiges Tatbestandsmerkmal des Wuchers, und das R. hat bereits früher
ausgesprochen, daß in dem Ausbedingen unverhältnismäßig hoher Vermögensvorteile
ollein bei dem Fehlen der übrigen Voraussetzungen des §# 138 Abs. 2 kein das Rechts-
geschäft nichtig machender Umstand gefunden werden dürfe (vgl. R. 64, 181). Mit dem
Bergehen gegen §J 5 Nr. 1 BBO. wird vielfach zugleich der Tatbestand des Wuchers ge-
geben sein. Wo es sich aber, wie hier, nicht um eine Ausbeutung der Notlage usw. handelt,
erscheint es bedenklich, die für einen wesentlich anderen und schwereren Tatbestand ge-
gebene Rechtsfolge auf einen Fall entsprechend anzuwenden, wo nur eine dieser mehreren
Voraussetzungen des Wuchers gegeben ist. Demnach ist das Rechtsgeschäft nicht nichtig-
Kn#egsbuch. Bv. 6. 13