Bek. Ub. d. Errichtung v. Herstellungs u. Vertriebsgesellschaften usw. v. 17. März 1917. 703
daß man den Wirtschaftsverhältnissen am besten Rechnung trage, wenn man grundsätz-
lich nur solche Fabriken weiterarbeiten lasse, die im Frieden mindestens 5000 kg Zoden=
leder im Monat verarbeitet haben. Das bedeutete eine Beschränkung auf etwa 200 Be-
triebe. Die in Aussicht gemommene Grenze sollte naturgemäß nicht unter allen Um-
ständen eingehalten werden, man war sich vielmehr darüber klar, daß die örtliche Ver-
teilung der Industrie, insbesondere soweit verschiedene Bundesstaaten dabei in Betracht
kommen, im wesentlichen aufrechterhalten bleiben müsse und daß deshalb unter Um-
ständen auch kleinere Zetriebe zur Weiterarbeit berangezogen werden mußten. S0o
sollte an Orten, an denen lediglich kleinere Betriebe ansässig sind, von diesen der eine
oder andere aufrechterhalten bleiben, während an anderen Orten, an denen überwicoend
Großbetriebe vorhanden sind, auch von diesen ein Teil stillgelegt werden sollte. #
Bei der Hrüfung der wichtigen Frage, in welcher Weise die Härten für die von der
,eiterarbelt ausgeschlossenen Betriebe möglichst gemildert werden könnten, gelangte
der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß allein eine spndikatswidrige Organisation der ge-
samten Schuhindustrie allen Anforderungen gerecht werden könne. Sie sollte neben
dem finanziellen Ausgleich der Dorteile für die weiterarbeitenden und der Kachteile
für die stillgelegten Betriebe Gewähr dafür bieten, daß nicht die weiterarbellenden
Betriebe die Kunden der stillgelegten an sich ziehen und damit auch über den Krieg
hinans die filllgelegten Zetriebe in ihrem Bestehen gefährden könnten. Man war sich
darüber klar, daß bei der großen Sahl der in der Industrie in Betracht kommenden Einzel-
betriebe eine privatrechtliche Gesellschaftsbildung nicht möglich sein würde. Auf Grund
von Dorschlägen des Ausschusses wurde die Bek. über die Errichtung von Berstellungs-
und Dertriebs-Gesellschaften in der Schuhindustrie v. 17. März 10I7 (RGBl. 236)
erlassen. Der Aufbau der Organisation ist in folgender Weise durchgeführt worden:
Das gesamte ZReichsgebiet wurde unter tunlichster Berücksichtigang der bundesstaat-
lichen Grenzen in der Weise in eine Reihe von Bezirken eingeteilt, daß die einzelnen
Bezirke eine annähernd gleich große Friedensschuherzeugung in sich schließen. Die
Abgrenzung der Bezirke erfolgte durch die Bek. v. 24. März 191: (RöBl. 224). Die
gesamte Friedensschuhindustrie eines Zezirkes ist zu einer Berstellungs= und Dertriebs-
gesellschaft zusammengefaßt, die allein für die weiterverarbeitenden Betriebe den ge-
samten Verkehr mit den Kunden, soweit er sich auf Annahme der Bestellungen und Be-
zahlungen, Beanstandung der Ware u. dgl. sowie die Ansstellung von Rechnungen be-
zieht, übernimmt. Der Vorstand der Gesellschaft (verteilungsausschuß) ist aus Der-
tretern der arbeitenden und stillgelegten Betriebe gebildet. Die in den weiterarbeltenden
Betrieben hergestellten Schuhwaren dürfen keinerlei Marke oder Firmenbezeichnung
tragen; der Dersand wird von den weiterarbeitenden Betrieben übernommen, geschieht
jedoch nach Anweisung und unter der Firma der Gesellschaft. Die weiterarbeitenden
Betriebe erhalten als Dergütung lediglich die Herstellungskosten, wic sie sich aus der
Derordnung über Hreisbeschränkungen bei Derkäufen von Schuhwaren und den dazn
von der Gntachterkommission für Schuhwarenpreise erlassenen Richtsätzen ergeben.
Der nach den Richtsätzen der Gutachterkommission zulässige Gewinn von 6 v. H. des
Herstellungspreises wird nach Abzug eines bestimmten Hrozentsatzes, der einer Fentral-=
ausgleichskasse zugeführt wird, auf die in dem Bezirk ansässigen Schuhwarenhersteller,
ohne Rücksicht darauf, ob sie weiterarbeiten oder nicht, im Verhältnis ihrer Hroduftion
in der Seit vom 1. Juli lls bis zum 30. Juni jolc verteilt. Da die stillgelegten Betriebe
an dem gesamten Fabrikationsgewinne teilnehmen, sind sie verpflichtet, eine bestimmte
Abgabe an die Gesellschaft abzuführen, wenn sie durch anderweite Verwertung ihrer
Fabrikationsmittel Gewinne erzielen. Eine entsprechende Derpflichtung besteht für
alle weiterarbeitenden Betriebe, die ihre an sich für die Schuhwarenherstellung bestimmten
Fabrikationsmittel teilweise anderweit gewinnbringend verwerten. Auch diese Eln-
künfte der Gesellschaft werden in der oben dargelegten Weise auf die Hersteller des
Bezirkes verteilt.
Als Fusammenfassung der einzelnen Gesellschaften ist unter Beteiligung eines