Vereinfachung der Belöstigung. 337
Fleischspeisen nach der Verordnung zur Einschränkung des Fleisch- und Fettverbrauchs
vom 28. Oktober 1915 (RGBl. 714) überhaupt zulässig ist, zu einer Mahlzeit nicht mehr
als zwei Fleischgerichte zur Auswahl gestellt werden. Jedem Gaste darf zu einer Mahl-
zeit nur ein Fleischgericht verabsolgt werden. Als Fleischgerichte im Sinne der Vor-
schristen in Satz 1 und 2 gelten nicht Fleisch als Ausschnilt auf Brot sowie Brüh= und
Kochwürste.
Feste Speisenfolgen dürfen höchslens folgende Gänge enthalten: eine Suppe, ein
Fischgericht oder Zwischengericht, zu dem Fleisch nicht verwendek ist, ein Gericht aus Fleisch
mit Beilage, eine Süßspeise oder Käse oder Dunstobst oder Früchte. An fleischlosen Tagen
dürfen sic ein weileres Fischgericht oder Zwischengericht, zu dem Fleisch nicht verwendet
ist, enthalten.
§ 2. Die Verabreichung von warmen Speisen, zu deren Zubereitung Fett ver-
wendet ist, auf Vorlegeplatten oder -schüsseln ist verboten, soweit es sich nicht um die
gleichzeitige Verabreichung desselben Gerichts an zwei oder mehrere Personen handelt.
8 3. Die Verabfolgung von roher oder zerlassener Butter zu warmen Speisen ist
verboten.
#§ 4. Als Fleisch im Sinne dieser Verordnung gilt: Rind-, Kalb-, Schaf-, Schweine-
und Ziegenfleisch sowie Fleisch von Geflügel und Wild aller Art. Ausgenommen sind
Kopf, Zunge und innere Teile.
§5. Die Unternehmer haben einen Abdruck dieser Verordnung in ihren Betrieben
auszuhängen.
§ 6. Wer den Vorschriften der #& 1 bis 3 und 5 zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe
bis zu fünfzehnhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft.
87. Die Vorschriften dieser Verordnung finden auch auf Verbrauchervereinigungen
Anwendung.
§s 8. Die Landeszentralbehörden erlassen die Bestimmungen zur Ausführung dieser
Verordnung.
Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bezeichneten Behörden [Preußen,
Bfg. 7. 6. 16, HMBl. 167 Reg Pr., für Berlin Ober Pr.] sind befugt, für den einzelnen
Fall Ausnahmen zu gestatten.
& 9. Diese Verordnung tritt am 7. Juni 1916 in Kraft.
Literatur.
Lemme, Die Bekannimachung zur Vereinfachung der Bekösiigung vom 31. Mai
1916 (Rl. 433) Recht 16 469 ff.
1. Lemme a. a. O. 469. Unter „Fleisch“ im Sinne des & 4 der VO. 1910 sind auch
„Fleischwaren“ im Sinne des § 3 der VO. 1915 zu verstehen. Mil anderen Worten:
Unter „Fleischgerichten“ im Sinne des § 1 der BO. 1916 sind zu verstehen a) Gerichte
aus Flcisch, b) Gerichte aus Fleischwaren.
2. Lemme a. a. O. 470. Sind unter „lfleischlosen Tagen“ im Sinne der VO.
1916 5 1 Absatz 1 und 2 die Tage zu verstehen, an denen Fleisch im Sinne des # 3 der VO.
1915 nicht verabfolgt werden darf, oder sind die Tage zu verstehen, an denen kein Fleisch
im Sinne des & 4 der VO. 1916 verabfolgt werden darf? Dies führt zu der weileren
Frage, ob in Gastwirtschaflen an fleischlosen Tagen Brüh= und Kochwürste verabfolgt
werden dürfen. Nach §§ 1, 3 der VO. 1915 dürfen Wirste, weil sie „Fleischwaren“ sind,
an fleischlosen Tagen nicht verabfolgt werden; demgegenüber gelten nach § 1 Satz 3 der
VO. 1916 Brüh= und Kochwürste nicht als Fleischgerichte, so daß sie also in Gastwirt-
schaften verabfolgt werden dürfen. Indessen sollen sie nur im Sinne der Vorschriften
„in Satz 1 und 2“ des Absatzes 1 5 1 nicht als Fleischgerichte gellen, sie sollen also für nicht
sleischlose Tage nicht als Fleischgerichte gelten, während sie an fleischlosen Tagen (5 1
Abs. 2 Satz 2 wohl als Fleischgericht gelten sollen und deshalb nicht verabfolgt werden
dürfen.
Krlegsbuch. Bd. 1. 22