Höchstpreise für Gerstengraupen (Rollgerste) und Gerstengrütze. 413
übersteigen. Die Lieferung zu diesem Preise hat frachtfrei Eisenbahnstation des Emp-
fängers einschließlich Sack zu erfolgen.
§ 2. Gerstengraupen (Rollgerste) und Gerstengrütze dürfen im Kleinverkaufe zu
keinem höheren Preise als zu 30 Pfennig das Pfund verkauft werden. Als Kleinverkauf
gilt der Verkauf an den Verbraucher in Mengen von zehn Pfund und weniger.
Bei allen übrigen Verkäufen muß, vorbehalllich der Vorschrift im § 1, der Preis
unter dem Kleinverkaufspreise bleiben.
§ 3. Die Kommunalverbände und Gemeinden können für Verkäufe, die bis zum
30. September 1916 stattfinden, Ausnahmen von den Kleinverkaufspreisen für die Mengen
von Gerstengraupen (Rollgerste) und Gerstengrütze zulassen, die nachweislich vor dem
Inkrafttreten dieser Verordnung zu einem höheren als dem im ##1 festgesetzten Preise
erworben sind.
§ 4. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu zehnlausend
Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:
1. wer den in den § 1, 2 bestimmten oder einen auf Grund des F 3 zugelassenen
Preis überschreite!;
2. wer einen anderen zum Abschluß eines Vertrags auffordert, durch den der Preis
(Nr. 1) überschritten wird, oder sich zu einem solchen Vertrag erbietet.
Neben der Strafe können die Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung be-
zleht, ohne Unterschied, ob sie dem Täler gehören oder nicht, eingezogen werden.
§ 5. Die Landeszentralbehörden bestimmen, wer als Kommunalverband und Ge-
meinde anzusehen ist [Preußen, Vf#g. 20. 9. 16, LMl. 258: Kom Verb. Sltadl-- und
Landkreise. Unter Gemeinden sind die Gemeinden i. S. der Gem Verf Ges. zu verstehen.
Gutsbezirke stehen ihnen gleich). Sie können anordnen, daß die Zulassung von Aus-
nahmen nach § 3 anstalt durch die Kommunalverbände und die Gemeinden durch deren
Vorstand erfolgt. [In Preußen geschehen durch Vfg. v. 20. 9. 16, LMl. 258.)
§ 6. Der Reichskanzler kann Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung
zulassen.
5 7. Diese Verordnung ltritt am 15. September 1916 in Kraft.
Begründung.
1. Dl. IX 80.
Die Zewirtschaftung der Gerstenernte des Jahres 1915 auf Grund der VO.
über den Derkehr mit Gerste aus dem Erniejahr 1015 vom 28. Juni 1015 (RBl.
584) begegnete mannigfachen Schwierigkeiten. Es gelang nicht, die Gerste verarbei-
tenden Zetriebe in ausreichendem Maße mit Gerste zu versehen. Dabei waren im
Laufe des Jahres die Ansprüche an die Gerstenernte gesteigert worden. Nach Graupen
war ein weitans stärkeres Zedürfnis als im Frieden hervorgetreten, weil namentlich
Reis und Hülsenfrüchte nur noch in geringen Mengen vorhanden waren. Gersten-
und Malzkaffee wurde zum Ersatz für den Bohnenkaffee verlangt, der im Laurfe des
Wirtschaftsjahres allmählich aus dem Mkarkte verschwand. Don den Landwirten, die
nicht selbst Gerste gebaut hatten, wurde als eine Ungerechtigkeit bezeichnet, daß den
Gerste bauenden Landwirten die volle Hälfte ihrer Gerstenernte zur beliebigen Der-
wendung belassen worden sei, während den Anbauern aller übrigen Getreidearten
nur ein geringer Bruchteil zur Derfügung gestellt worden sei. Von anderer Seite wurde
schließblich der Wunsch geäußert, überhaupt von einer staatlichen Bewirtschaftung der
Gerste Abstand zu nehmen.
Die bervorgetretenen Schwierigkeiten sind zum allergrößten Teil auf die ungün-
stige Gerstenernte des Jahres 1015 zurückzuführen gewesen, nicht aber auf die Ausge-
staltung der Bewirtschaftung durch die Derordnung oder auf deren Durchführung.
Demgemäß sind auch für die Bewirtschaftung der Gerste aus der Ernte 1016
im wesentlichen dieselben Grundsätze maßgebend geblieben wie für 1015.
Die Bek. v. 6. Juli lolé6 (RGBl. 659, 800) beläßt es bei der Beschlagnahme der