Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

Ausführungsbestimmungen zur BO. über den Berkehr mit Seife, Seifenpulver usw. 535 
Auch die Ortsbehörden sind nich! berechtigt, für diesen Zweck an Gewerbetreibende Be- 
zugsscheine abzugeben. 
2. Reichsanzeiger Mr. 225. 
Auf Grund der am 21. Juli 1916 erfolglen Neuregelung des Verkehrs mil Seife 
und Waschmitteln darf bekanntlich zum Reinigen der Wäsche an das Publikum auf Seifen- 
karte nur noch Selfen pulver abgegeben werden. Diese Bestimmung findet sinngemäße 
Anwendung auch auf den Waschmittelbezug der Wäschereien. Es ist in Anbetracht des 
herrschenden Seifenmangels leider nicht möglich, den Wäschereien weiter Selfe zur Ver- 
fügung zu stellen, sondern die Wäschereien müssen sich ebenfalls mit Seifenpulver be- 
helfen. Der Kriegsausschuß für Ole und Fette in Berlin erteilt deshalb grundsätzlich an 
Wäschereien keine Seifenbezugsscheine, sondern nur Bezugsscheine für Seifenpulber. 
Auch die zur Erteilung von Bezugsscheinen für kleine Betriebe zuständigen Ortsbehörden 
sind nichtberechtigt, für Wäschereizwecke Seifefrei zugeben, sondern dürfen an Waschanstalten 
ausschließlich Bezugsscheine für Seifenpulver ausgeben. 
Begründung. (D. N. IX 120.) 
Im Frieden verarbeitet die deutsche Seifeninduftrie, abgeseben von nicht un- 
beträchtlichen Harzmengen, 240000 Tonnen Fettstoffe im Jahre oder 20000 Tonnen 
im Unat. Da Einfuhr und Ausfuhr an Waschmitteln sich ungefähr in gleichen Gren- 
zen hielten, drückt diese Sabl zugleich die Menge des Friedensverbrauchs Deutschlands 
an zu Waschmitteln verarbeiteten Fettstoffen aus. Während des ersten riegsjahres 
hielt sich die Seifenproduktion ungefähr auf der alten Höhe. Als aber im Sommer 
1015 eine gewisse Mnappheit an der menschlichen Ernährung dienenden Fetten die 
weitergehende Heranziehung der geeigneten Rohftoffe zur Herstellung von Speisefetten 
erforderlich machte, setzte ein sich steigernder Rückgang der Seifenproduktion ein. Ob- 
schon gesetzgeberische Maßnahmen, welche die Derwendung von Fetten zur Seifen- 
berstellung beschränkten, noch nicht getroffen waren, war bis TNov. lol bereits eine 
HKerabminderung des monatlichen Fettverbrauchs auf etwa 15000 Connen eingetreten. 
Die Doeb. v. 8. Mov. lo 15 (ReBl. 735) brachte das Derbot der Derarbeitung von LTeinöl, 
Talg und Medizinaltran zu Seifen. Ein weiteres Sinken der Hroduktion war die Folge. 
Besonders einschneidend wirkte die D. v. 6. Jan. lolé (Rol. 3) mit den Ausfäh- 
rungsbest. v. 10. Jan. 1016 (6Bl. 16). Durch sie wurde jegliche Verwendung pflanz- 
licher und tierischer Gle und Fette zur Seifenherstellung untersagt, soweit nicht beson- 
dere Freigabe durch den Reichskanzler erfolgt. In den ersten Monaten des Jahres 
lolé konnten trotzdem noch etwa d4000 Tonnen Fettstoffe von der Seifenindustrie ver- 
arbeitet werden. 
Bis zum April lole hatte sich die Fettbilanz derart verschlechtert, daß im In- 
teresse einer ausreichenden Dersorgung mit Speisefetten Verarbeitungserlaubnis für 
im freien Handel erworbenes Fett nicht mebr erteilt werden konnte. Aus dem Aus- 
lande konnte sich die Industrie nach der DO. v. 4. März 1916 (REBl. 141), die ein 
Einfuhrmonopol für den Kriegsausschuß begründete, Fett nicht mehr beschaffen. Sie 
war also auf das angewiesen, was der Kriegsausschuß ihr zuzuteilen in der Lage war. 
Mit Rücksicht auf die Gesamtfettbilanz konnte diese Menge 1500 Tonnen im Monat 
nmicht übersteigen. Es war demnach, da die Einfuhr an Seife fast völlig in Wegfall ge- 
kommen war, für die Jukunft damit zu rechnen, daß die Dersorgung der Bevölkerung 
mit einer Fettmenge durchgeführt werden mußte, die im Frieden der Deckung von nur 
7 ½ v. B. des Bedarfs diente. 
Bei dieser Sachlage konnte es den Herstellern nicht überlassen bleiben, aus den 
zur Derfügung stehenden Fetten Seife und andere Waschmittel nach eigenem Gut- 
dünken, etwa nach den Gewohnbeiten der Friedenszeiten, anzufertigen. Würde man 
. B. die gesamte Fettmenge von 1500 Connen zu einer Coiletteseife mit 60 v. H. Fett- 
gehalt, wie sie im Frieden üblich ist, verarbeiten, so ergäbe das im Monat etwa 18 Mil-
	        
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