Verwendung von Chlorzinn zur Beschwerung von Seidenwaren. 565
8 4. Die Landeszentrelbehörden erlassen die Bestimmungen zur Ausführung dieser
Berordnung. Sie bestimmen ferner, wer als höhere Verwaltungsbehörde anzusehen ist.
§5. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausend-
fünfhundert Mark wird beslraft:
1. wer Brennesselstengel dem § 1 zuwider absetzt,
2. wer den von den Landeszentralbehörden nach & 4 Satz 1 erlassenen Bestimmungen
zuwiderhandelt.
§ 6. Diese Verordnung tritt mit dem 1. August 1916 in Kraft. Der Reichskanzler
bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens. 6
Begründung. (D. N. IX 109.)
Unter den in Deutschland wild wachsenden Hflanzen entbält dic brennende,
langstielige Brennessel (urtica dioica) brauchbare Spinnfasern. Zei dem zunehmenden
Mangel an Spinnstoffen aller Art ist das Einsammeln der Brennesseln überall in die
wege geleitet. Die Abnahme und Bezahlung der gesammelten Vorräte erfolgt durch
eine gemeinnützige Mriegsgesellschaft mit dem Namen „Wesselfaser-Verwertungsge-
selllschait m. b. B.“ Diese läßt die gesammelten Stengelvorräte bearbeiten.
Es war nun zu befürchten, daß Handelskreise versuchen würden, die gesammelten
Brennesselstengelvorräte unter der Had aufzukanfen, um sie an die Industrie oder
an den Swischenhandel zu hohen Hreisen weiterzuveräußern. Durch dieses Dorgeben
würden die amtlichen Maßnabmen behindert und würde eine unnötige Verteuerung
des Rohstoffs herbeigeführt worden sein. Der Erfolg der behördlichen Maßnahmen
wird sichergestellt durch die Zek. v. 27. Juli io16 (REBl. 850). Da es sich bei dem
Einsammeln und Absatz der Brennesseln um eine neugeschaffene Erwerbsgelegenheit
handelr, kommt eine Schädigung alter Erwerbs= oder handelsinteressen nicht in Frage.
Der Erlaß von Ausführungsbestimmungen zu dieser Derordnung ist den Landeszentral-
behörden vorbehalten. Die Durchfübrung der getroffenen Maßnahmen ist durch Straf-
vorschriften sichergestellt.
— Uber das Einsammeln von Brennesseln sind zu vgl. die Preuß. Verfügungen.
v. 15. Juni, 1. und 7. Juli 1916, LMBl. 16, 175, 182, 184.—
4. Bek. über die Verwendung von Chlorzinn zur Beschwerung von
Seidenwaren. Vom 23. November 1916. (RE. 1291.)
N8] § 1. Die Verwendung von Chlorzinn zur Beschwerung von seidenen Garnen
oder seidenen Web-., Wirk= und Strickwaren ist nur insoweit gestattet, daß durch die Be-
schwerung das Gewicht der Rohseide vor dem Abkochen (Parigewicht) höchstens über-
schritten werden darf
1. bei schwarzen Garnen für die Stoffweberei, Trame und
Organin.................... bis 60 vom Hundert
2. bel schwarzen Garnen für die Bandweberei ,
a)Organin(Kette)fürHerkenhutband....... „ 100 „
b) allen anderen Organznen „ 60 „
c) Traennn „ 100 „
3. bei farbigen Kettgarnen und Schußgarnen für Band- und -"
Stoffweberei................... 50««
4.beiSchIeierstoffen(Voiles)............ „ 40 „
5. bei Lumineuxstoffen und banddd
a ) deren Schuß aus einfacher Grege bestht „ 60 J
b) allen anderen.. ........ 20
Alle anderen Web., Wirk. und Strickwaren dürfen höchstens. bis zum Gewichte der
Rohseide vor dem Abkochen (Parigewicht) beschwert werden.
8 2. Die Einsuhr von seidenen Erzeugnissen der im & 1 bezeichneten Art, die höher
beschwert sind, als dort vorgesehen, ist verboten. Dieses Verbot gill auch für die Rück-