Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

568 4. Verwertung der Rohstoffe usw. XXVIII. Leder. 
Auslande gestaltete sich jedoch im Frühjahr 1916 die Versorgung der Privatindustrie und 
des Handwerks mit Leder immer schwieriger. Einzelne kapitalkräftige Firmen wußten 
sich einen gewissen Vorrat zu sichern, während andere, und insbesondere das Handwerk 
leer ausgingen. Um diesen Mißständen abzuhelsen und einc gleichmäßige, möglichst ge- 
rechte Versorgung aller Verbrauchergruppen zu ermöglichen, wurde am 19. April 1916 
vom RA. die Kontrollstelle für freigegebenes Leder in Berlin wieder ins 
Leben gerufen. 
Die Kontrollstelle besteht aus einem Uberwachungsausschuß und einem Arbeits- 
ausschuß. Dem Uberwachungsausschuß gehörten zunächst 2 Lederhersteller, 2 Schuh- 
fabrikanten, 1 Ledergroßhändler, 1 Lederkleinhändler, 2 Schuhmacher, 2 Schuhhändler, 
1 Vertreter der Kriegsleder A.-G. sowie 1 Vertreter der Arbeiter an. Später mußte der 
Kreis eine Ergänzung erfahren in dem Maße, in welchem die Aufgaben der Kontrollstelle 
ausgedehnt wurde. Es sind inzwischen je ein Vertreter der Treibriemenfabrikanten, des 
Sattlergewerbes und des Lederhandels mit Sattlerleder in den Uberwachungsausschuß 
aufgenommen worden. Die Leitung der Kontrollstelle liegt in den Händen eines vom 
Überwachungsausschuß bestelllen Geschäftsführers. Zur Deckung der Unkoslen erhebt die 
Kontrollstelle geringe Gebühren für dic durch sic verteilten Ledermengen. 
Nach der ihr erteilten Satzung hat sie dic Aufgabe, darüber zu wachen, daß das 
seltens der Heeres- und Marineverwaltung für den Zivilbedarf freigegebene Leder nur 
onter den vom Reichskanzler genehmigten Bedingungen in den Verkehr gebracht wird. 
Sle hat das Recht, die Innehaltung der Bedingungen durch Festsetzung von Vertrags- 
strafen zu sichern und diejenigen, welche gegen die Bedingungen verstoßen, von weiteren 
Bezügen freigenebenen Leders auszuschließen. 
Um der Kontrollstelle die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, ist bestimmt, 
daß die Freigabe von beschlagnahmtem Leder nur noch durch Vermittlung der Kontroll- 
stelle erfolgt. Die Kontrollstelle ihrerscits gibt die Freigabescheine den Lederherstellern 
nur dann weiter, wenn diese sich zur Einhaltung ihrer Bedingungen verpflichten. Bei 
der Regelung der Verteilung wandte sich die Kontrollstelle zunächst der dringendsten 
Aufgabe, nämlich der Verteilung des Bovenleders zu. Die Verbraucher wurden in 2 
Gruppen eingeteilt: „Gruppe Großverkehr“, in der sämtliche Betriebe, dic 20 und mehr 
Arbeiter beschäftigen, vereinigt waren, „Gruppe Kle inverkehr“ mit Betrieben, die we- 
niger als 20 Arbeiter beschäftigen. Für beide Gruppen wurde je die Hälste der freige- 
gebenen Bodenledermengen bestimmt. Die Teilung des Leders muß bereils vom Her- 
steller vorgenommen werden. Er verpflichtet sich, das Leder nur an einen Angehörigen 
der betressenden Gruppe unmittelbar, oder an einen Händler, der die Verpflichtung 
übernimmt, die Zuleitung an einen Angehörigen der betreffenden Gruppe durchzuführen, 
abzugeben. Um einc möglichst schnelle Zuleitung zum Verbraucher sicherzustellen, ist der- 
Berkauf von Großhändler zu Großhändler ausgeschlossen. Außerdem ist bestimmt, daß 
Ledermengen, die nicht binnen 4 Wochen von Hersteller oder Händler abgesetzt sind, der 
Kontrollstelle zur weiteren Verfügung wieder anzumelden sind. 
Bei der Gruppe Großverkehr wurde von vornherein die Bezugsmenge der ein. 
zelnen Betriebe sestgelegt. Die Festsetzung erfolgte nach Maßgabe des Bodenlederver- 
brauchs im Jahre 1913. Für Betriebe, die erst später gegründet sind, wurde die Zuleitung 
einer Billigkeitsquote vorgesehen. Die bei den einzelnen Betrieben vorhandenen Lager- 
bestände mußten der Kontrollstelle angemeldet werden und wurden von dieser auf die 
Quoten in Anrechnung gebracht. über die den einzelnen Betrieben zustehenden Leder- 
quoten wurde bei jeder Verteilung eine Lederkarte ausgestellt. Es stellte sich dabel heraus, 
daß nur etwa 25 v. H. der im Jahre 1913 verarbeiteten Mengen zugeteilt werden konnten. 
Für die Gruppe Kleinverkehr, insbesondere also das Handwerk, war es vorab 
nicht möglich, eine genaue Kontingentierung vorzunehmen. Es fehlten die Unterlagen 
hinsichtlich der Zahl der Betriebe und der dort beschäftigten Arbeiter sowie der durch. 
schnittlich verbrauchten Bodenledermengen. Man entschloß sich daher zunächst, den Ver- 
kauf von Leder an die der Gruppe Kleinverkehr angehörigen Betriebe lediglich davon
	        
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