Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

Errichtung von Vertriebsgesellschaften jür den Steinkohlen= und Braunkohlenbergbau. 595 
Begründung. 
1. D. N. V 58. 
Steinkohle und Braunkohle gehören zu den wichtiasten Rohkstoffen für zahl- 
reiche Industrien. Außerdem finden sie für den Hausbrand umfassende Derwendung. 
Es besteht daher ein starkes allgemeines Interesse an einer geordneten Kohlenver- 
sorgung und an der Gestaltung der Hohlenpreise. Die hobe Bedeutung der Nohlen= 
industrie ist insbesondere auch während des Krieges hervorgetreten, da ein starker Zedarf 
an Kohlen und deren Nebenerzeugnissen für unmittelbare Swecke des Heeres und der 
Marine, für Eisenbahntransporte, für zahlreiche Kriegsindustrien, zur Dersorgung des 
nentralen Auslandes usw. besteht. 
In dem industriereichen Westen hat das seit dem Jahre 1893 bestehende Rheinisch= 
westfälische Mohlenspndikat in Essen einen starken Einfluß auf die ganze Entwickelung 
der wirtschaftlichen Derhältnisse ausgeübt. Sein Siel, durch Regelung der Oroduktion 
und des Alsfatzes eine gewisse Steiigkeit des Koblenmarktes herbeizuführen, hat das 
Sndikat im wesentlichen erreicht, wie trotz mancher gegen seine Hreispolitik gerichteten 
Beschwerden anerkangat werden muß. 
Der Fortbestand des Rbeinisch-Weftfälischen Nohlenspndikats ist jetzt in Frage 
gestellt, da der Dertrag, auf dem seine Tätigkeit beruht, mit dem 31. Dez. 1915 abläuft. 
Schon vom 1. Okt. 1015 an können die bisher beim Syndikat beteiligten Sechenbesitzer 
über ihre Hroduktion für die Seit nach dem 1. Jan. lo## frei verfügen. Die bisherigen 
versuche, eine VDerständigung über einen neuen Dertrag herbeizufübren, sind ohne 
Erfolg geblieben, hauptsächlich infolge großer Schwicrigkeiten, die wegen Beteiligung 
der sog. Außenseiter bei einem neurn Syndikat bervorgetreten sind. Ohne die Außen- 
seiter, deren Anteil an der Gesamtförderung des Rbeinisch-Westsälischen Zergbau- 
bezirkes zur Seit rund 11 v. H. beträgt, sind aber die bisherigen Syndikatmitglieder 
nicht geneigt, ihrerseitm wieder eine Zindung einzuz#ehen. 
Der Eintritt eines sndikatlosen Sustandes während der Kriegszeit kann Erschüt- 
terungen des Wirtschaftslebens zur Folge haben, die gerade jetzt unter allen Umständen 
vermieden werden müssen. Hunächst würde voraussichtlich ein starkes Emporschnellen 
der Koblenpreise eintreten, und zwar schon mit dem 1. Okt. 1915, von welchem Seitpunkt 
ab die Fechenbesitzer Verkäufe für die Seit nach dem 31. Dez. lols tätigen können. 
Durch die Festsetzung von Zöchstpreisen allein läßt sich dem wirksoam nicht entgegen- 
treten; die Erfahrung des letzten Jahres hat gelehrt, daß Höchstpreisfestsetzungen für 
Waren, die vollkommen dem freien Derkehr überlassen, also weder beschlagnahmt noch 
syndiziert sind, aller getroffenen Anordnungen ungeachtet fortdauernd umgangen 
werden und also praktisch nicht wirksam durchzuführen sind. Die starke Hreissteigerung 
würde serner, sobald dem Bergbau nach Friedensschluß wieder die nötigen Arbeils- 
sräfte in dem gewünschten Maße zur Derfügung stehen, die Gefahr einer ungesunden 
Uberproduktion und eines allgemeinen ungezügelten Wettbewerbkampfes zur Folge 
haben, wovon nicht nur die Rentabilität des Bergbaues nachteilig beeinflußt würde, 
sondern auch ein starker Rückgang der im Bergbau verdienten Löhne zu erwarten wäre. 
Die Erfahrungen des rheinisch-westfälischen Mohlenbergbaues in der spndikatlosen Seit 
der voer und g0er Jahre des vorigen Jahrbunderts geben nach diesen Richtungen ein 
warnendes Beispiel. Die nachteiligen Wirkungen würden sich ferner anf die Gemeinden 
erstrecken, die erhebliche Steuerausfälle zu erleiden hätten. 
Dierzu kommt, daß die Beschaffung der für die Kriegszwecke — im engeren und 
weiterem Sinne — erforderlichen Koblen sowie die Regelung der Kohlenversorgung 
des Inlandes während des Krieges wesentlich leichter und sicherer erfolgen kann, wenn 
die Derfügung über die Fördermenge des größten denischen Kohlenreviers in der Hand 
einer einzigen Gesellschaft legt, on der auch der Bergfiskus Anteil hat, als wenn sie 
sich auf eine große Fahl selbständiger Unternehmen verteilt. 
Alle diese Gründe lassen die Erhaltung eines Sndikats für den rheinisch-west- 
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