überführung der Kriegs= in die Friedenswirtschaft (Reichslagsbericht). 647
Teilbericht des Reichstags-Ausschusses für Handel und Gewerbe,
betr. die überführung der Kriegs= in die Friedenswirtschaft.
(Reichstagedrucksache 1916 Mr. 504.)
Zur Einleitung der Beratungen nimmt zunächst der Staatssekrelär des In-
nern das Wort zu folgenden Ausführungen:
Ich begrüße es dankbar, daß ich Gelegenheit habe, mich mit Ihnen über die
schweren Probleme der Übergangswirtschaft aussprechen zu können, und zwar zu-
nächst, wie es der augenblicklichen Situation entspricht, in einer etwas allgemeinen
Weise, die uns nach Mögllchkeit über die Gesamtheit der zu bewältigenden Aufgaben
Klarheit verschaffen soll.
Ich stimme vollkommen der Ansicht des Herrn Vorsitzenden zu, daß es heute
nicht möglich sein wird, irgendwie in die konkreten Einzelfragen hineinzusteigen, daß
es auch nicht möglich sein wird, etwa die zahlreichen Vittschriften, die Ihnen vorltegen,
einzeln vorzunehmen. Aber bet dem durchaus begreiflichen Wunsche, der auf Seiten
der Volksvertretung besteht, bei der Regelung des Überganges aus der Kriegswirtschaft
m die Friedenswirtschaft mitzuwirken, und bei der Übereinstimmung, die darüber
herrscht, daß dieser Ausschuß für die Fragen der Übergangswirtschaft zuständig sein
soll, werden wir bei der Durchführung der Übergangswirtschaft in einem ständigen
Konnex sein und ständig zusammen zu arbeiten haben. Deshalb ist es mir wertvoll,
daß diese Fühlung bereits jetzt, wo wir angefangen haben zu organisieren, hergestellt
ist, so daß wir die Sicherheit haben, weiter in dem in diesen Dingen notwendigen Kon-
takt marschieren zu können.
Ich glaube, dem Wunsche des Herrn Vorsitzenden zu entsprechen, wenn ich zu-
nächst versuche, Ihnen einen allgemeinen Uberblick über die Ausgaben zu geben, die
uns auf dem Gebiete der Ubergangswirtschaft bevorstehen. Bei einem solchen allge-
meinen und notwendigerweise mehr oder weniger akademischen Uberblick ist es natür.
lich zunächst nöltig, daß ich Ihnen vorführe, wie wir denn in unsere Kriegswirtschaft
hineingekommen sind, und welche Anderungen in unserer ganzen volkswirtschaftlichen
Struktur die Kriegswirtschaft hervorgerufen hat.
Wenn man, wie es bei uns der Fall ist, in den Dingen steht, sie Tag für Tag ver-
jolgt, dann werden einem die großen Veränderungen, die sich hier vollzogen haben,
gar nicht so bewußt, wie wenn man einmal versucht, sich einen Ruck zu geben und sich
außerhalb der Dinge zu stellen. Ein solcher Ruck ist notwendig, wenn Sie sich vorstellen
wollen, was uns auf dem umgekehrten Wege bevorsteht, nämlich auf dem Weg, der
uns nach dem Kriege wie der in eine vernünftige und normale Friedenswirtschaft hlnein-
führen soll.
Also unsere Kriegswirtschaft hat, wie ich eben sagte, unsere ganze volkswirtschaft-
liche Strultur von Grund auf verändert. Sie hat, was die beiden großen Faktoren
der Produktion, die Arbeit und das Kapital, anbelangt, grundlegende Veränderungen
hervorgerufen: einmal durch eine sehr umfangreiche Zerstörung auf dem Gebiete der
Arbeitskraft und des Kapitals und weiter auch durch eine sehr weitgehende Umschichtung.
Ich darf zunächst mit dem Kapital beginnen.
Die Zerstörungen, die auf diesem Gebiete erfolgt sind, sind bei uns nicht so
umfangreich wie in den Ländern, die eine große Invasion und eine dauernde Okkupa-
tion durch ein feindliches Heer über sich haben ergehen lassen müssen, die in großem
Umsang Kriegsschauplatz sind. Immerhin wissen Sie, meine Herren, wie es in Ost-
preußen nach dem ersten und zweiten Russeneinfall aussah, wie es in Elsaß-Lothringen
aussah und heute noch aussiehr. Hier sind, obwohl nur kleine Teile unseres Vaterlandes
von einer solchen Invasion betrofsen worden sind, Werte vernichtet worden, die nach
Milliarden zählen. Aber mit dieser Vernichtung durch eine Invasion allein ist der direkte