Überführung der Kriegs= in die Friedenswirtschaft (Reichstagsbericht). 649
sie werden durch den Verkauf in flüssiges Kapital, in Geld umgewandelt. Daher die
große Geldfüllec bei unseren Banken und Sparkassen, die ja wesentlich zu dem ausge-
gezeichneten Erfolge unserer Kriegsanleihen mit beigetragen hat.
Wenn ich das Wort Kriegsanleihen ausspreche, s5 sehen Sic, wohin diese flüs-
sigen Gelder nun weiterhin zum größten Teil gegangen sind. Dabei haben sich die Be-
stände der Sparkasseu, der Genossenschaften usw. trotz der Zeichnungen auf die Kriegs-
anleihe nicht vermindert. Ich glaube, daß unser Sparkassenbestand um 100 Millioncn
höher ist als um Beginn des Krieges, und bei unseren Banken machen wir, soweit
ich sehen kann, eine ähnliche Erfahrung; dort haben die Einlagen — trotz der enormen
Zeichnungen auf die Kriegsanleihe und des dadurch bedingten zeitweiligen Abschwellens
—- gegenüber dem Stande vor dem Kriege erheblich zugenommen. Wir haben es noch
immer erlebt, daß, wenn durch die Zeichnung auf die Kriegsanleihe ein starker Ruck
nach unten erfolgte, bis zur nächsten Kriegsanlelhe immer wieder eine Auffüllung
eintrat, die, wenn ich die Sache recht übersehen kann, nicht nur den Stand des halben
Jahres vorher erreichte, sondern sogar wesentlich darüber hinausging. Sie sehen also,
daß die Gelder, die als flüssige Mittel zu den Banken, Sparkassen und Genossenschaften
strömen, sich wieder zu Anlagckapital verdichten, indem sie in langfristigen Kriegs-
anleihen angelegt werden.
Dann haben wir auch zu berücksichtigen, daß die Kriegsausgaben, die in den Inter-
vallen zwischen den Aufnahmen der einzelnen Kriegsanleihen auflaufen, trotz der
glänzenden Ergebnisse unserer Kriegsanleihen doch nicht in vollem Umsange durch die
langfristigen Kriegsanleihen gedeckt werden. Das hat seine Wirkung bei unserem Noten-
bankwesen, bei unseren Zirkulationsmitteln. Wir haben eine starke Zunahme unseres
Notenumlaufs und unserer Darlehnskassenscheine festzustellen. Erfreulich ist auf der
anderen Selite die Steigerung unseres Goldbestandes in der Reichsbank, der heute
etwa doppelt so groß ist als in Friedenszeiten. Immerhin haben wir bei den Noten
und Darlehnskassenscheinen zusammen eine Steigerung, die darüber nicht unwesent-
lich hinausgeht und das Vierfache des Friedensumlaufs der papiernen Zahlungsmittel
ausmacht. Das, was hier in Erscheinung tritt, ist ein Teil der Deckung der Kriegsaus-
gaben, eben desjenigen Teils, der durch die Begebung der Kriegsanleihen selbst nicht
vollständig gedeckt werden konnte. Also auch in diesem Punkte haben wir eine Ein.
wirkung des Krieges auf die Verhältnisse des Kapitals, auf unsere Umlaufsmittel, auf
unsere Währung, eine Einwirkung, mit der wir für den Übergang in die Friedens-
wirtschaft sehr ernsthaft werden rechnen müssen.
Dazu kommt noch ein weiteres. Auch in einem anderen wich tigen Punkte hat
unsere Anlage in mobllen Werten eine starte Umschichtung erfahren. Wir sind, alles
in allem, mit sehr starken Forderungen an das Ausland, mit großen Auslandsguthaben
und Anlagen in ausländischen Wertpapieren, in den Krieg eingetreten. Auch hiervon
ist ein Teil verloren gegangen. Die Anlagen im feindlichen Ausland sind durch unsere
Feinde sequestriert und liquldiert, zum großen Teil geradezu verschleudert worden.
Weiter haben wir in großem Umfang unserc Bestände an neutralen ausländischen
Wertpapieren realisiert. Sie wissen, daß, trotzdem wir vom Ausland abgeschlossen
sind, unsere Einfuhr immer noch recht erheblich war. Der Fehlbetrag unserer Handels-
bilanz mußte zum großen Teil eben durch Realisierung unserer Auslandsguthaben,
durch Verkäufe von Auslandswerten gedeckt werden. Darüber hinaus haben wir Kredite
im Ausland ausgenommen. Das bedeutet eine Verschlechterung unserer Zahlungsbilanz
mit dem Auslande. Wir werden in Zukunft die Kredite, die wir im Ausland aufsge-
nommen haben, dorthin zu verzinsen haben, während die Eingänge, dic wir aus aus-
ländischen Guthaben, aus ausländischen Wertpapieren und sonstigen Kapitalanlagen
im Ausland zu sordern haben, geringer sein werden. Also auch hier sind Kapitalver-
luste und Kapitalverschiebungen eingetreten. Die Wirkung auf die Valuta liegt auf
der Hand. Auch dieses Broblem wird den Übergang aus der Kriegswirtschaft in die