652 5. Übergangswirtschaft.
herstellung unserer Arbeiterschutzgesetzgebung und der Bestimmungen der Gewerbe=
ordnung, die ja jetzt, in der Not des Krieges, zum Teil aufgehoben worden sind.
Diese Probleme, die wir auf dem Gebiete der Arbeit finden, stehen selbstver-
ständlich in enger Verbindung mit ähnlichen Problemen auf dem Gebiete des Kapi.
tals. Auf diesem Felde werden wir vor allen Dingen eine rasche und ausgiebige Neu-
bildung brauchen. Diese Neubildung werden wir nur gewinnen können, einmal durch
die höchste Anspannung aller produktiven Kräfte, und dann durch die äußerste Spar-
samkeit. Wir haben ja das Sparen im Kriege in jeder Beziehung gelernt. Wir sind
uns llar darüber geworden, daß, so rationell wir in Friedenszeiten zu wirtschaften
glaubten, eine Steigerung der Sparsamkeit nicht nur im Verbrauch, sondern auch in
der Produktion in einem vor dem Kriege ganz ungeahnten Maße möglich ist. Um nur
ein Beispiel zu erwähnen: Wir haben neulich in einem anderen Ausschuß vom Schmier-
äl gesprochen: es hat sich herausgestellt, daß unser Bedarf an Schmieröl einer außer-
ordentlich starken Redultion fähig war. Natürlich wird im Kriege auch manche Spar.
samkeit geübt, die im Frieden nicht rationell wäre, z. B. indem, um etwaige rückständige
Materialtlen aufzusangen und zu regenerieren, ein größerer Arbeitsaufwand gemacht
wird als der Arbeitsaufwand, der erforderlich wäre, um diese Stosse neu zu gewinnen
oder sie vom Ausland zu beziehen. Die Lehre steht jedenfalls fest, daß wir im Ver.
brauch sowohl wie in der Erzeugung wesentlich sparsamer wirtschaften können und
sparsamer werden wirtschaften müssen als vor dem Kriege, um wieder zu einer Aug-
stattung unserer Volkswirtschaft mit Anlage= und Betriebskapital zu kommen, die uns
eine Erholung von den starken Einbußen, die wir erlebt haben, ermögnlicht.
Wenn diese Neubildung in erster Linie dazu bestimmt ist, die doch ziemlich weit-
gehenden Zerstörungen, von denen ich vorhin sprach, wieder auszugleichen und die
Beeinträchtigung der Kapitalbildung, wie sie im Kriege eingetreten ist, einigermaßen
wett zu machen, so kommen hierzu weiterhin die Aufgaben, die der Umschichtungs-
prozeß verlangt, von dem ich vorhin sprach.
Bei dieser Rückleilung des Kapitals in die normalen Kanäle einer Friedens-
wirtschaft kommen wir auf das Gebiet der Kreditverhältnisse. Kreditprobleme
werden uns in großem Maße gestellt werden, und zwar sowohl auf dem Gebiete des
immobilen, wie des mobilen Kredits. Eine Anzahl von Erwerbszweigen hat durch
den Krieg prosperiert und eine Vermögensbildung zu verzeichnen, die ihr Gegengewicht
wie ich in Parenthese bemerken möchte — in einer starken Verschuldung des Staates
hat. Andere Zweige unserer Volkswirtschaft sind in starkem Maße brach gelegt worden
und haben sich nicht weiter entwickeln können, ja sind in ernste Bedrängnis geraten.
Ich erinnere nur au die sehr wichtige Frage des städtischen Grundbesitzes sowie des
Hausbesitzes im allgemeinen. Das ist auch wieder ein großes Problem, das mit in die
Ubergangswirtschaft hineingehört und einer sehr sorgfältigen Bearbeitung bedürfen
wird. Es sind also Verufsstände vorhanden, denen man vielleicht auch durch gesetzgebe-
rische Maßnahmen wird zu Hilfe kommen müssen. Es wird sich darum handeln, Verufs-
stände zu erhalten, die für unsere Volkswirtschaft unerläßlich sind, und ihnen das Weiter-
arbeiten zu ermöglichen. Die Frage des Hausbesitzes steht mit der Wohnungsfrage im
engsten Zusammenhange- Ein anderer Erwerbszweig, dessen Tätigkeit für die Ver-
sorgung der Volkswirtschaft mit Rohstofsen unbedingt erforderlich ist, ist die Rcederei.
Auch hier werden die Kapitalien beschafft werden müssen, die notwendig sind, um
unseren Reedereien das Funktionieren im Interesse unserer Gesamtwirtschaft wieder
zu ermöglichen.
Auf dem Gebiete des mobilen Kapitals liegen die Aufgaben zum Teil ähnlich
wie auf dem Gebiete, das ich eben berührt habe. Es kommen aber eine Reihe von Sonder-
fragen hinzu. Besonders möchte ich auf die Wiederaufnahme unserer Beziehungen zu
dem Ausland hinweisen. Hierzu wird erforderlich sein, daß unser Handel, der im Kriege
sehr stark gelitten hat, wieder lelstungsfähig gemacht wird; denn der Hanbel soll die