654 5. Übergangswirtschaft.
dünken des einzelnen Unternehmers und der einzelnen Zweige unserer Volkswirtschaft
überhaupt überlassen werden, sondern nur gelöst werden lönnen durch ein fortgesetztes
und enges Zusammenwirken der in der Volkswirtschaft vorhandenen freien Kräfte
und der staatlichen Verwaltung. Wir müssen also, um diese Aufgaben zu lösen, die
Praxis in allerstärkstem Umfang heranziehen. Auf der anderen Seite wird — darüber
sind sich die Herren wohl klar - der Praxis die Lösung der Aufgaben nur möglich sein,
wenn die staatlichen Organe zur Mitwirkung zur Versügung slehen.
Meine Herren, diese Uberlegung, daß für die wirtschaftlich-technische Durchfüh-
rung der Ubergangswirtschaft Neubildungen erforderlich sind, war es, die die verbün-
deten Regierungen bestimmt hat, zunächst einmal in dem Reichskommissariat für
Übergangswirtschaft ein Organ zu schaffen, dem vor allen Dingen die wirtschaft.
lich-technische Durchführung der Rohstoffversorgung übertragen werden soll. Wa-
türlich soll hierbei keine allzu ängstliche Abgrenzung stattfinden, da diese Aufgabe im
engen Zusammenhange mit den anderen Aufgaben steht, mit der Lösung der Arbeiter-
fragen und der Kreditfragen. Auch auf diesen Gebieten, die nicht zu dem eigentlichen
Arbeitsbereich des Reichskommissars für Übergangswirtschaft gehören, soll der Ini-
tiative und der Anregung des Reichskommissars natürlich keinerlei Grenze gezogen
werden. »
Mit der Frage der Rohstoffbeschaffung ist natürlich von vornherein die Frage
der Reederei und die Frage der Valuta eng verbunden. Bei der Beschaffung von Roh-
stoffen wird die Frage der Bezahlung und die Frage der Heranführung über See durch
dle Reedereien mit die größte Rolle zu spielen haben. Diese Aufgaben werden also
vom Reichskommissar für Ubergangswirtschaft mit bearbeitet werden müssen.
Nachdem ich Ihnen so ein kurzes Bild gegeben habe von den Funktionen, die
das neue Reichskommissariat zu regeln haben wird, darf ich eiuige Wocle hinzufügen
über die Organisation, die hier geschaffen werden soll.
Der Reichskommsssar ist bestellt worden beim Reichsamt des Innern. Diese
Angliederung ist eine Notwendigkeit. Denn die Aufgaben der Gesetzgebung und Ver-
waliung, die hier zu lösen sind, die großen grundsätzlichen Fragen werden selbstver-
ständlich nach wie vor vom Reichsamt des Innern bearbeitet werden müssen. Das
Reichsamt des Innern bearbeitet ja in seinem sehr großen Tätigkeitsbereich die Ge-
samtheit der wirtschaftlichen Fragen. Das hat es im Frieden getan, das hat es auch
während des Krieges getan mit einigen Neubildungen, die den Herren ja bekannt sind,
von denen die wichtigste das Kriegsernährungsamt ist; und das wird das Reichsamt
des Innern nach dem Friedensschluß wieder tun müssen. Darüber sind wir klar, unsere
gesamte Wirtschaft nach dem Kriege wird zunächst eine Übergangswirtschaft sein und
darauf eingerichtet werden müssen, den Übergang in die normalen Friedensverhält-
nisse zu gewinnen.
Der Reichskommissar kann natürlich nur die Spitze der ihm anvertrauten
neuen Organisation für die wirtschaftlich-technische Durchführung bilden. Die Auf-
gaben, die ihm übertragen sind, haben auch in dieser Beschränkung einen so gewal-
tigen Umfang, daß es notwendig war, ihn von allem Anfang an mit einer Reihe von
Mitarbeltern auszustatten, und diese haben wir gewählt aus den Kreisen der prak-
tischen Berufsstände, die über die notwendige Erfahrung im kaufmännischen tech-
nischen Disponieren, das hier erforderlich ist, verfügen. Wir haben Mitarbeiter
gewählt auf dem Gebiete der Valuta, insbesondere der Finanzlerung der Rohstoff-
beschaffung, auf dem Gebiet der Reederel und des Transports, der verschiedenen großen
Gewerbe und des Handels.
Aber natürlich ist das nur das Gerippe. Wenn wir diesen Kreis von Mitarbeitern
als ein aktionsfähiges Kollegium haben wollen, dürfen wir ihn nicht zu weit ausdehnen.
Es ist eine alte Erfahrung: wenn die Anzahl der Mitglieder über 8 bis 10 hinausgeht,
liegt die Gefahr vor, daß der Kreis an Aktionsfähigkeit verliert.