Full text: Kriegsbuch.Vierter Band. (4)

Überführung der Kriegs= in die Friedenswirtschaft (Neichstagsbericht). 667 
mit den Ausjührungen des Staatssekretärs davon ab, zu Eingelheuen der Frage in der 
jetzigen Allgemeinbesprechung Seellung zu nehmen; er wünsche aber nach zwei Rich- 
tungen noch Auskunft. Einmal scheine es ihm wünschenswert zu sein, daß dic bisher für 
einzelne Branchen gebüdeten Kriegsausschüsse der einzelnen Fachindustriellen zu 
deu Arbeiien des Reichskommissarlats mi herangczogen würden. In diesen Kriegsaus- 
schüssen sei während der Dauer des Krieges eine außerondentlich sachliche, bis ins kiefste 
eindringende Arbeit geleistet worden, er denic beispielsweise hier an den Kriegsausschuß 
der Baumwollindustrie, der uber die Gundbedingungen der Baumwollindustrie wäh- 
rend des Krieges seit Jahren eingehende Erörterungen gepflogen und eine ausgezeichnete 
Slatistik zusammengebracht habe und deshalb doch die gegebene Instanz wäre, um auch 
für die Frage dor Ubergangswirtschaft weiterzuarbeiten, während cs Kraftvergeudung 
wärc, neue Persönlichkeiten in den Beiräten des Reichseommissariats erst heranzubilden 
und die großen Erfahrungen unbceachtet zu lassen, die in diesen Kriegsausschüssen gemacht 
worden wärcu. 
Er weise serner darauf hin, daß cinc große Arbcit auch in der Kriegs-Rohstoff- 
Abteilung geleistet worden sei. Hier seien Hunderte von Mitarbeitern in Fragen lätig, 
die mit in dic Übergangswi#tschaft hineinfielen. Die Ralionierung der deutschen In- 
dustrie mit Rohstossen sei von der Kriegs-Rohstoff-Abtleilung ausgegangen. Diese über- 
sehe den ganzen Bedarf und sei auch in der Lage, eine gewaltige Organisation sofort für 
die Übergangswirtschaft bereitzustellen. Er bitte um Auslunft, ob und in welcher Weise 
diese Mitwirkung der Gejsellschaften sichergeslellt sei. 
Der Staatsselretär des Reichsamt des Innern bemertt hierzu, daß er die 
von den Kriegsausschüssen der Industrie geleistete A beit auch seincrseils voll anerkenne. 
Er dürfe zum Beweise dessen darauf hinweisen, daß beispielsweise der bisherige Geschäfts- 
führer des Kriegsausschusses der deutschen Baumwollindustrie auch für den Beirat der 
Textilindustrie in Aussicht genommen sei. In bezug auf die Tätigkeit der Kriegs-Rohstoff- 
Abteilung müsse er darauf hinweisen, daß es doch ein großer Unicischied sei, ob vom 
Standpunit militärischer Interessen die Versorgung der Industric mit Rohstoffen wäh- 
rend des Krieges oder vom Slandpunkt volkswirtschaftlicher Interessen der Wiederaufban 
der Volkswirtschaft nach dem Kriege in Frage stehe. Soweit jedoch auch in der Kricgs- 
Rohstoff-Ableilung die Möglichkeir der Ubernahme dort geleisteter Arbeit bestände, würde 
selbstverständlich davon Gebrauch gemacht werden. . 
EinandcrerAbgeordnctcrregtimZusammcnhangmitdenletzlanorten 
des Vorsitzenden an, daß bald ein Bericht, der auch die Ausführungen des Staatssekretärs 
umfaßt, an die Vollversammlung des Reichstags erstattet werden möge, und biltet, cinen 
Verlreter des Kriegsministeriums oder dessen Rohstoffjabteilung zu den Veratungen des 
Ausschusses hinzuziehen. Die Ausführungen des Staatssekretärs scheinen ihm vorwie- 
gend negativ: der Staaissekretär wünscht möglichst baldige Eiledigung der Arbeit des 
neuen Reichskommissariats. Es gelte aber nicht nur abzubauen, sondern das Gute zu 
behallen; es müsse der Kriegssozialismus nicht einfach beseiligt, sondern Staatssoziallsmus. 
im Bismarckschen Sinne getrieben werden. Vor allem gelte es, im Sinne deutscher Rechts- 
anschauung, das Genossenschaftswesen auf das kräftigste auszubauen und dadurch Er- 
zeuger und Verbraucher möglichst einander anzunähern. Auch werde schon das Reichs- 
schatzamt auf das Fortbestehen mancher Kriegsgesellschaften Gewicht legen. Vor allem 
im neuerworbenen Gebiet gelte es, Staatssozialismus zu treiben; es sei notwendig, dort 
— vor allem im Westen — die Macht des Arbeitgebers sehr vielsach in die Hand des Staates 
zu bringen und die allen Fehler der elsaß-lothringischen Notablenwüntschaft zu vermeiden; 
es sei ebenso notwendig — vor allem im neuen Osten — einer Steigerung der Boden- 
werte entgegenzutreten; nur bei Erhaltung billiger Bodenwerte sei dort Kolonisation in 
großem Umsange möglich, möglich auch die Siedelung der deutsch-russischen Rückwanderer, 
die wenigstens in den ersten Jahren extensiv wirtschaften würden. Es scheint dem Redner 
bedenklich, allzuviel Gewicht auf die rasche Neubildung von Kapital zu legen; auch wäh- 
rend des Krieges sei viel Kapital gebildet worden, das bilanzmäßig nirgend in Erscheinung 
Kriegsbuch. Vd. 1. 42
	        
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