730 Die Kriegswirkschaftsgesetze vom 1. Januar bis 16. Februar 1917.
Voruntersuchung geführt ist, den Angeschuldigten außer Verjolgung zu setzen; ist Straf.
befehl beantragt, so hat das Gericht den Antrag abzulehnen.
Ergibt die Hauptverhandlung, daß die Voraussetzungen des & 1 vorliegen, so ist der
Angeklagte freizusprechen.
5 3. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung 119. 1.1 in Krafst.
Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Begründung.
(Nordd Allgig. v. 19. Januar 1917 Nr. 18 2. Ausg.)
Die große Sahl von strafrechtlichen orschriften, die während des NKrieges zur
Regelung des Wirtschaftslebens erlassen worden sind, hat in Derbindung mit dem
Rechtssatz, daß Unkenntnis des Gesetzes nicht vor Strafe schützt, vielfach zu Härten
geführt. Es wird darüber geklagt, daß selbst ein erfahrener Geschäftsmann unter den
vielen Derordnungen sich nicht mehr durchfinden könne, weil es an Gelegenheit fehle,
sich über den Inhalt der zum Teil unklaren und schwer verständlichen Vorschriften zu
unterrichten. Dadurch werde der Unternehmungsgeist und die Tatkraft des Maufmanns-
standes lahmgelegt. Denn der reelle Kaufmann nehme nicht die Gefahr auf sich, bei
Ausführung eines geschäftlichen Unternehmens gegen irgendeine unbekannte Der-
ordnung zu verstoßen und in ein gerichtliches Derfahren verwickelt zu werden. Ulagen
dieser Art sind namentlich von den Altesten der Kaufmannschaft in Berlin, einer Reihe
von Handelskammern und dem Ausschuß des Deutschen Handelstages geäußert worden.
Auch der Reichstag hat sich mit dieser Frage beschäftigt und in Anerkennung der Be-
rechtigung der Klagen in der Sitzung vom 5. November 1916 auf den Antrag des Abge-
ordneten Schiffer einstimmig den Entwurk eines Gesetzes, betreffend Auskunftserteilung
über Kriegsverordnungen, angenommen. Nach diesem Entwurf sollen amtlich zu er-
richtende Stellen auf Verlangen der Bezirkseingesessenen darüber Auskunft erteilen,
ob eine beabsichtigte Handlung einer auf Grund des & 5 des Ermächtigungsgesetzes
erlassenen Anordnung widerspricht. Wenn die Auskunft dabin lautet, daß dies nicht der
Fall sei, so soll kein Bezirkseingesessener wegen einer solchen Handlung stlrafrechtlich
verfolgt werden; wenn eine spätere Auskunft von einer früheren Auskunft derselben
Stelle abweicht, so soll sie veröffentlicht werden und mit der Deröffentlichung die frühere
Auskunft als aufgehoben gelten. Wenn auch mit dem Reichstag die Klagen als berechtigt
anzuerkennen sind und Abbilfe geboten erscheint, so sprechen doch gegen die Art der vor-
geschlagenen Regelung schwerwiegende Bedenken.
Der Dorschlag, Auskunftsstellen zu errichten, ist nach Lage der Derhältnisse nicht
ausführbar. Sollen die Auskunftsstellen ihren Sweck erreichen, so müssen sie für jeder-
mann leicht erreichbar sein und die Gewähr zuverlässiger Auskunft bieten. Sie müßten
daher in großer Sahl geschaffen und mit tüchtigen Kräften besetzt werden. Eine Der-
mehrung der Beamtenzahl ist aber angesichts der Kriegsverhältnisse ausgeschlossen.
Dazu kommt, daß die Frage, ob eine beabsichtigte Handlung einer Kriegsverordnung
widerspricht, nur bei voller Menntnis des Sachverhalts zutreffend beantwortet werden
kann. Die Anfrage wird eine erschöpfende Darstellung des Sachverhalts in der Mehr-
zahl der Fälle vermissen lassen. Die Folge würde sein, daß die Auskunftsstellen erst nach
zeitraubenden Dorerbebungen oder nur mit Vorbehalt Auskunft ertleilen könnten. In
beiden Fällen würde der praktische Wert der Auskunft in Frage gestellt sein. Außerdem
bestände die Gefahr, daß die Einrichtung zur Erwirkung sachlich unrichtiger Auskunft
mißbraucht würde. Die Dorschrift, daß jeder Bezirkseingesessene sich mit strafbefreiender
Wirkung auf die einem anderen Zezirkseingesessenen erteilte Auskunft soll berufen
können, würde diese Gefahr erhöhen. Eine solche Vorschrift ist auch insofern bedenklich,
als sie die Schuldfrage im Einzelfall unberücksichtigt läßt.
Der Zundesrat hat desbalb in der Sitzung vom (8. d. M. unter Ablehnung des
von dem Reich-tage beschlossenen Gesetzentwurfs eine Derordnung beschlossen, die
Abhilfe auf anderem Wege schaffen will. Eine wirksame, dem Rechtsempfinden ent-
sprechende Abhilfe läßt sich nur erreichen, wenn in Anlehnung an den Einzelfall unier