Wochenhilfe. 811
7. Wochenhilfe.
Erlaß des Preuß. Ministers des Innern. Vom 11. Januar 1917.
(KM Bl. 19.)
Die von dem Maglstrat in N. gegen die Gewährung von Wochenhilfe geltend ge-
machten Bedenken vermag ich nach Benehmen mit dem Heirn Reichskanzler (Reichsamt
des Innern) nicht zu teilen. Derjenige, der in dem Jahre oder Steuerjahre vor dem Dienst-
eintritt weniger als 2500 M. Einkommen bezog, soll nach der Abslcht der Bekanntmachung
vom 23. April 1915 in der Regel als minderbemittelt gelten, auch wenn er dieses Ein-
tommen weiter bezieht. Ausnahmen werden hauptsächlich dann zu machen sein, wenn es
sich um ein fundiertes Einkommen handelt, also der Besitz eines nicht unerheblichen Kapitals
gegeben ist, von dem ein geringfügiger Teil ohne Schädigung der wirtschaftlichen Gesamt-
lage des Kriegsteilnehmers zur Bestreitung der Kosten für Entbindung und Wochenbett
abgehoben werden kann. Kapitulanten, Beamte u. dgl. sind in dieser Beziehung nicht
anders zu behandeln wie andere Kriegstetlnehmer. Der Umstand, daß keine Verminderung
des Familieneinkommens eingetreten ist, begründet die Ablehnung der Wochenhilfe nicht.
Einmal ist da, wo der Kriegsteilnehmer von seiner Familie getrennt leben muß, auf einen
Mehraufwand für seinen persönlichen Unterhalt zu rechnen. Sodann ist zu berücksichtigen,
daß infolge der Kriegsteuerung dem gleichen Einkommen nicht mehr die gleiche Kaufkraft
zukommt wie vor dem Kriege. Endlich aber beabsichtigt die Bekanntmachung vom 23. April
1915, ja gerade dem Kriegsteilnehmer als solchem eine Vergünstigung zuzuwenden. Dieser
letztere Umstand schließt zugleich aus, daß Nichtkriegstellnehmer sich mit Recht darauf be-
rufen könnten, daß sie im Hinblick auf ihre gleichliegende Wirtschaftslage eben,alls Anspruch
auf die Wochenhilfe haben mußten.
Bezieht der Kriegsteilnehmer mit seiner Familie — im Gegensatz zur Zeit vor dem
Kriegsdiensteintritt — jetzt ein nennenswert höheres Gesamteinkommen als 2500 M., so
wird allerdings zu prüfen sein, ob diese Tatsache nicht die Annahme rechtfertigt, daß eine
Belhilfe nicht benötigt wird (§ 2 Abs. 2 a. a. O.). Eine allgemeine Regel für die Beurteilung
dieser Frage läßt sich bei der Vielgestalligkett der Verhältnisse nicht wohl aufstellen. Jeden-
falls aber entspricht es der wohlwollenden Absicht der Bundesratsverordnung, wenn dabei
auf die bei getrenntem Aufenthalte des Ehemanns und infolge der Steigerung der Preise
notwendigen Mehraufwendungen gebührende Rücksicht genommen wird.
Bei Kapiltulanten, Beamten und sonstigen Empfängern fester Besoldungen wird der
Bezug auch eines höheren als des vor dem Kriegsdienst bezogenen Gehalts einschließlich
seiner Nebenbezüge kein Grund zur Annahme sein, daß eine „Tatsache“ im Sinne des
Abs. 2 a. a. O. vorliegt, wenn der Empfänger eine gleiche oder doch wesentlich gleiche
Stelle vorsieht, wie vor dem Kriege und die Steigerung des Einkommens lediglich auf den
Hnzutritt der allen Angehörigen derselben Dienstgruppe vocschriftsmäßig zukommenden
Kriegsdienstbezüge zurückzuf ühren ist.
8. Bek., betr. den Ausschank und Verkauf von Branntwein und
Spiritus. Vom 26. März 1915. (Rl. 183.)
Wortlaut in Bd. 1, 859, Erläuterung in Bd. 2, 363.
DJB. 17 140 (KG). Unter „Verkauf“ ist hier nicht der zivilrechtliche Vertrag, sondern
die auf Grund eines solchen Vertrages ersolgende Aushändigung des Branntweins an
den Käufer oder sonstige Empfänger zu verstehen (Strafbarkeit des außerhalb des Verbots-
geblets lebenden Verkäufers).