Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst. § o. 859
alle Kräfte der Nation zur Kriegsarbeit aufzubieten, muß immer der oberste, alles be-
herrschende Grundsatz bleiben. Es muß deshalb an den vaterländischen Sinn aller Be-
telligten appelliert werden. Zunächst an die Arbeitnehmer selbst und diejenigen, die auf
sie Einfluß haben: auszuharren, solange es geht, an der alten Betriebsstelle. Nicht minder
aber auch an die Arbeitgeber: ihren Mitarbeltern genügenden Lohn zu geben und nicht
etwa — was besonders beklagenswert wäre — einem anderen Betriebe die Arbeitskräfte
durch ein Inaussichtstellen höherer Löhne auszuspannen. Sowohl Lohndrückerei als auch
Lohntreiberel gefährden das Gesetz.
g 9.
Der Abkehrschein.
1. Baum a. a. O. 1558. Durch die Bestimmung über den Abkehrschein ist selbst-
verständlich kein Arbeitgeber gehindert, schon während der zweiwöchigen Frisl mit einem
Hilfsdienstpflichtigen einen Arbeitsvertrag abzuschließen, wenn nur die Beschäftigung
und Bezahlung erst nach Ablauf der Frist begieut.
2. Baum a. a. O. 1558. Die Entscheidung des Ausschusses wird zwar so schnell
wie irgend möglich eingeholt werden, lmmerhin können aber doch einige Tage vergehen,
während deren dann der Arbeiter mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Gesetzes leine
Arbeit findet. Für den entgangenen Verdienst ist der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig,
wenn die Welgerung zur Ausstellung des Abkehrscheins auf seinem Verschulden beruht.
Denn auch die Ausstellung des Abkehrscheins in den geseghlich vorgesehhenen Fällen ist eine
Verpflichtung auf Grund des Arbeitsvertrages. Für die Frage der Schadensersatzpflicht
kommt aber wlederum der subiektive Gesichtspunkt in Frage. Es ist zu prüfen, ob der
Arbeitgeber im Zeitpunkt seiner Weigerung ohne Fahrlässigkeit die vom Arbeiter vorge-
brachten Gründe als nicht wichtig im Sinne des Gesetzes ansehen durfte. Lediglich der
Streik über die Verpflichlung zur Ausstellung des Abkehrscheins unterliegt der Zuständig-
keit des besonderen Ausschusses. Für alle übrigen Streitigkeiten, insbesondere auch für den
Schadensersatzanspruch wegen Verweigerung oder nicht rechtzeitiger Ausstellung des Ab-
kehrscheins bleiben die bisher zuständigen Gerichte, also insbesondere die Gewerbe= und
Kauf mannsgerichte zuständig (vgl. 3 4 Nr. 2 und 4 Gew G., 95 Nr. 2 und 4 Kfm G.).
3. Auerswald a. a. O. 115. Da das Gesegz über den vaterländischen Hilfsdienst
vom 5. Dezember 1916 in 5 9 nur verbietet, einen Hilfsdlenstpflichtigen in dort genannten
Beschäftigungen ohne Beibringung der Bescheinigung seines letzten Arbeitgebers, daß
er die Beschäftigung mit dessen Zustimmung aufgegeben habe, in Arbeit zu nehmen, so
liegt darin noch nicht die Folgerung, daß der Hilfsdienstpflichtige bis zur Erteilung dieser
Bescheinigung im Dienste des bisherigen Arbeitgebers bleiben muß, wenn es auch in seinem
elgenen Interesse er wünscht erscheint.
Daraus folgt aber weiter:
1) Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewerblicher Arbeiter regelt sich nach
wie vor nur nach den gewerberechtlichen Vorschriften der 88 122ff. RGO. oder
nach der getroffenen Vereinbarung.
2) Es kann der Arbeiter nach wie vor ein Zeugnis gemäß s 113 RO. ohne Rücksicht
auf das Zivildienstgesetz verlangen, auch eine bloße Arbeitsbescheinigung. Darin
liegt nicht die Forderung nach Gewährung einer Bescheinigung im Sinne des
z 9 des Zloildienstgesetzes. Ein neuer Arbeitgeber darf daher, solange die Frist
des & 9 nicht abgelausen ist, den Hilfsdienstpflichtigen nicht früher einstellen, als
bis ihm noch die besondere Bescheinigung des § 9 vorgelegt wird, daß die Be-
schäftigung mit Zustimmung des letzten Arbeitgebers aufgehoben wird. Denn
Arbeitsbescheinigung im Sinne von 5113 und Bescheinigung im Sinne von U9 des
Zivildienstgesetzes sind völlig verschiedene Dinge.
3) Bei Forderung des Arbeitsbuches bestimmt sich die rechtmäßige Lösung des
Arbeitsverhältulsses nach 5 107 RO. lediglich danach, ob der Anspruch nach der
Gewerbeordnung berechtigt ist.