Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst. 865
spruch auf Fortzahlung des Gehalts. Insbesondere kann ein solcher Anspruch auch nicht
auf §63 HGB. oder § 133c Abs. 2 Gew O. gegründet werden. Die Einberufung zum Kriegs-
dienst ist nach Ansicht sämtlicher Oberlandesgerichte, die sich bisher mit der Frage befaßt
haben, nicht als „unverschuldetes Unglück“ im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen.
Das gleiche muß auch von der Einberufung zum Hilfsdienst gelten. Beim Hllfsdienst
wird sich allerdings vielleicht insofern eine Sonderheit ergeben, als er vielfach die Arbeits-
kraft des Dienstpflichtigen nicht voll in Anspruch nehmen wird, sondern ihm auch noch
gestattet, an einzelnen Tagen oder Tageszeiten daneben in seinem Zivilberuf tätig zu sein,
was ja auch jetzt schon manchmal beim Garnisondienst vorkommt. In solchen Fällen ist
dle Rechtslage nach § 323 Abs. 1B6 B. zu beurteilen. Es tritt eine entiprechende Minderung
des Gehaltsanspruchs ein. Dagegen kommt nicht eiwa § 616 in Betracht. Selbst wenn die
Dienstleistung nur wenige Stunden am Tage und deshalb einen verhältnismäßig nicht
erheblichen Teil der Gesamtarbeitskraft in Anspruch nimmt, so wird doch die Gesamtzeit
der Hilfsdienstleistung schon wegen der Unabsehbarkeit ihres Endes im ganzen genommen
niemals als eine „verhältnismäßlg nicht erhebliche Zei“ im Sinne des §* 616 angesehen
werden können. Wenn der Arbeitgeber in dem vorbezeichnelen Fall die teilweise Dienst-
leistung eines Angestellten nicht verwerten kann, gibt ihm dies einen wichtigen Grund zur
sofortigen Auflösung des Arbeilsverhältnisses. Es mag aber darauf hingewiesen werden,
daß gerade bei der voraussichtlich infolge des Hilfsdienstgesetzes eintretenden Minderbe-
schäftigung einer großen Reihe von Betrieben in vielen Fällen das Betriebsinteresse durch
Entgegennahme einer solchen geminderten Arbeitsleistung, und zwar gerade bei Persönlich-
keiten in leitender Stellung, keineswegs geschädigt wird, und dem Arbeitgeber daher sehr
wohl zugemutet werden kann, den Angestellten gegen gemindertes Gehalt im Dienst zu
behalten.
b) Baum a. a. O. 1559. Die Einberufung des Arbeitgebers zum Hilfsdienst
ist als wichtiger Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst anzusehen, wenn er
eine geeignete Stellvertretung schlechterdings nicht erlangen kann und deswegen den Betrieb
schließen muß. Dagegen wied, wenn eiwa eine ganze Industrie durch den Hilfsdienst lahm-
gelegt wlrd, indem ihr die Arbeitler entzogen werden und Ersatz durch weibliche und nicht
hilfsdienstfähige Kräfte nicht möglich ist, ebentuell auch hierin eln wichtiger Grund zur
Entlassung einzelner nichthilfsdienstpflichtiger Angestellter gesehen werden können, mit
denen allein einc Fortführung des Betriebs nicht möglich ist.
c) Baum a. a. O. 1560. Die Umwälzung unserer gesamten Wirtschaftsordnung
durch den Hilfsdienst, der im Interesse der höchsten Anspannung aller Kräfte für das
Vaterland eingeführt werden mußte, wird als solcher „besonderer Umstand i. S. des # 72
H.“ anzusehen sein. Wichtig ist dieser Gesichtspunkt namentlich auch bei langjährigen
Verträgen mit solchen Angestellten, die durch den Hilfsdienst völlig an der Dienstleistung
verhindert imd. Wenn auch natürlich für einen solchen Angestellten während der Hilfs-
dienstleistung der Gehaltsanspruch völlig wegfällt, so wird man doch eine Berechtigung
des Prinzipals zur Entlassung in solchen Fällen verneinen, wo gleichzeitig auch infolge
der nötig werdenden Einschränkung des Betriebs die Notwendigkeit wegfällt, die Stelle
anderweitig zu besetzen, und dem Angestellten also seine Stelle bis zu dem hoffentich nicht
mehr allzu fernen Zeitpunkt offengehalten werden kann, in dem die Hilfsdienstpflicht
wieder ausgehoben wird.
4. Das Weittbewerbsverbot.
a) Baum a. a. O. 1560. Im Falle dezs freiwilligen Eintritts in einen selbstgewählten
Hilfsdlenstbetrieb muß der Angestellte das Wertbewerbsverbot beachten.
b) Baum a. a. O. 1560. Wenn infolge der Einberufung zum Hilfsdienst das Ver-
tragsverhältnis, sei es vom Prinzipal, sei es vom Handlungsgehilfen, gelündigt wird,
würde der Anspruch auf die in Höhe des halben Gehalts für die Dauer des Bestehens des
Wettbewerbsverbots zu zahlende sog. „Karenzentschädigung“ mit dem Tage der Entlassung
beginnen. Der Prinzipal würde also die Entschädigung zahlen müssen, obwohl doch praklisch
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