Hypothekenverordnung v. 8. Juni 1916. 8 10. 39
der Versteigerungstermin übermäßig weit hinausgeschoben werden mußte. Der Gesetz-
geber kann durch Ausdehnung des durch § 10 Abs. 1 Ziff. 48VG. bestimmten Vorranges
auf einen längeren Zeitraum helfen oder dadurch, daß er den Zinsausfall auf die Gläubiger,
deren Rechte innerhalb einer bestimmten Wertgrenze stehen, nach näher zu bestimmenden
Grundsätzen verteilt. Greift der Gesetzgeber nicht ein, so wird schließlich im Verteilungs-
termin darüber Streit entstehen, bis zu welcher Grenze die Hinausschiebung der Ver-
steigerungstermine zugunsten des im Range vorgehenden Berechtigten zulässig war.
Diese Streitigkeiten werden die Zahl der Prozesse vermehren. Wenn während der Dauer
des Krieges die Vorschrift des § 31 Abs. 2 B W. wenigstens für Zwangsversteigerungen
zwecks Aufhebung einer Gemeinschaft außer Kraft gesetzt würde, so würde niemand
Schaden entstehen.
6. Nußbauma.a. O. 39. § 10 Hyp WO. geht im Interesse des Schuldners nicht weit
genug; denn er läßt die Einstellung der Zwangsversteigerung nur gegenüber einem
Hypothekar zu, nicht z. B. gegenüber der Gemeinde, die die Versteigerung wegen rück-
ständiger Gemeindeabgaben und insbesondere nicht gegenüber einem persönlichen Gläubiger,
der gegen den Eigentümer einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat. Die Befugnisse des
nur persönlichen Gläubigers sind also größer als die des Gläubigers, der sich eine hypo-
thekarische Sicherheit hat gewähren lassen. Die Widersinnigkeit dieser Regelung tritt
besonders hervor, wenn man sich einen mehrfachen Grundstückseigentümer, z. B. eine
Teraingesellschaft als Schuldner denkt. Betreibt hier ein Gläubiger, dem an einem
der Grundstücke eine Hypothek bestellt ist, die Zwangsversteigerung, so lommt er hin-
sichtlich der anderen Grundstücke lediglich als persönlicher Gläubiger in Betracht, er kann
also die Zwangsversteigerung sämtlicher Grundstücke durchsetzen mit einziger Ausnahme
dessen, das ihm besonders verpfändet ist.
II. Doraussetzungen der Einstellung.
1. Ein Antrag.
Stillschweig a. a. O. 75. Unstatthaft ist es, den Antrag erst in der Beschwerde-
instanz zu stellen; das ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Beschwerde gegen den
Zuschlagsbeschluß nicht auf neue Tatsachen gestützt werden darf (s 100 B6.; Güthe,
Gruchots Beitr. 59, 63; Kriegsbuch 1 257).
(Unterabschnitt 2, 3 in Bd. 3, 93.)
4. Überwiegendes Interesse des Schuldners.
Pos MSchr. 17 3 (Posen IV). Der Einstellungsantrag des Alleinerben des Eigen-
tümers ist mit Recht abgelehnt. Die gesetzliche Voraussetzung der Einstellung ist jedenfalls
dann nicht erfüllt, wenn der Schuldner ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Ein-
stellung der Zwangsversteigerung und an der Ermöglichung eines günstigeren Verkaufs
zu gelegener Zeit überhaupt nicht hat. Das trifft hier zu. Denn da der Antragsteller
nicht mit seinem sonstigen Vermögen für die auf dem Grundstück lastenden Hypotheken
und ebenso für die persönlichen Nachlaßschulden haftet, sondern nur mit dem Grundstück,
so hätte er eigenes Interesse an einem durch Einstellung der Zwangsversteigerung zu
ermöglichenden günstigern Verkauf des Grundstücks nur dann, wenn davon die Möglich-
keit der Erzielung eines ihm nach Tilgung der Nachlaßschulden verbleibenden llerschusses
zu gewärtigen wäre. Dagegen hat er bei dieser Gestaltung seiner Haftung für die Nachlaß-
schulden kein eigenes Interesse an der Möglichkeit, daß — ohne daß ein solcher Uberschuß
zu erzielen wäre — der dem betreibenden Gläubiger nachfolgende Hypothekengläubiger
und die persönlichen Gläubiger bei einem Verkaufe des Grundstücks im Frieden zum Teil
Befriedigung erlangen könnten. Die erste Möglichkeit, Erzielung eines dem Schuldner
zugute kommenden bberschusses, ist nach Lage der Sache als ausgeschlossen zu erachten,
und auch das Landgericht rechnet nicht mit ihr. Es rechnet vielmehr nur mit der zweiten
Möglichkeit einer umfänglicheren Befriedigung der Gläubiger und hält diese, im Gegen-
satz zu dem oben Ausgeführten deswegen für ausreichend, weil es nicht sowohl auf die