Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Bek. über die Geschäftsaussicht usw. v. 14. Dezember 1916. 8 38. 101 
1. Rechtsnatur. 
a) Jäger, JW. 17 326. Der in # 33ff. geregelte Vergleich ist, auch wenn er nicht 
einstimmig, sondern durch Mehrheitszwang zustande kommt, wie der Güteausgleich 
ein Vertrag zwischen dem Schuldner und den Vergleichsgläubigern, ein „lbereinkommen 
mit den Gläubigern“ (§ 1 Abs. 2). Für den recht wohl denkbaren Fall des allseitigen 
Einvernehmens steht außer Zweifel, daß die Notwendigkeit gerichtlicher Bestätigung 
(55 53ff.) so wenig als die eines obervormundschaftlichen Konsenses den rechtsgeschäft- 
lichen Charakter des Vergleichs aufhebt. Aber auch die Zulässigkeit des Mehrheitszwanges 
steht der Annahme eines Rechtsgeschäfts keineswegs entgegen. Denn der Sinn dieser 
Regelung geht dahin, daß in einem Beschlusse der erforderlichen Mehrheit rechtlich der 
Wille der Gesamtheit zum Ausdruck gelangt, wie im Verfassungsleben der „Gemein- 
wille“ sich in den Entschließungen der ausschlaggebenden Mehrheit kundgibt. Die Ab- 
stimmung nach Maßgabe der ###37 ff. ist eben die gesetzliche Form für die Bildung einer 
einheitlichen Willenserklärung der Vergleichsgläubiger. Da aber über den Vorschlag im 
Vergleichstermine verhandelt und abgestimmt wird (& 46), erscheinen die Erklärungen 
der Beteiligten, Antrag und Annahmec, in der Form von Prozeßhandlungen. 
b) Kallir a. a. O. 363. Eine Ehrenminderung, Beeinträchtigung der Rechtsstellung 
des Schuldners auf dem Gebiete des öffentlichen und bürgerlichen Rechtes (aktives und 
passives Wahlrecht, Laienrichter, Rechtsanwalt, Börsenbesuch, Verwaltung des Ver- 
mögens von Frau, Kind, Mündel, Auflösungsgrund für Gesellschaften) tritt mit dem 
Vergleichsverfahren so wenig ein wie mit der Geschäftsaufsicht. 
2. Der Antrag. 
à) Kallir a. a. O. 358. Eine Verbindung der Anträge auf Anordnung der G. 
und Einleitung des Vergleichsverfahrens ist zwar nicht unzulässig, aber das Gericht hat 
zunächst über den ersten zu entscheiden. Ergibt sich beispielsweise, daß der Schuldner 
nicht infolge des Krieges zahlungsunfähig geworden ist, sondern es schon vorher war, 
so ist die Anordnung der G. unzulässig (5 1) und für die Einleitung des Vergleichsver- 
fahrens kein Raum. Nur der Schuldner wird zum Vergleichsverfahren zugelassen, bei 
dem zunächst die Voraussetzungen für die Anordnung der Gl. erfüllt sind. Für Ver- 
gleichsschuldner, insbesondere diejenigen, dic die G. nur als Mittel zum Zwangsvergleiche 
benutzen wollen, bedeutet dies eine Einschränkung, weil nur kriegsbedrängte Schuldner 
zugelassen werden und weil der Beschluß, durch den die Anordnung der G. abgelehnt 
wird, unanfechtbar ist (5§ 21 Abs. 1), während gegen den Beschluß, durch welchen die Ein- 
leitung des Vergleichsverfahrens abgelehnt wird, sofortige Beschwerde gegeben ist (§5 42 
Abs. 3). Der Schuldner muß also zunächst die Anordnung der G. herbeiführen. In der 
Regel wird die GA.zugelassen, wenn Aussicht besteht, daß die Zahlungsun fähigkeit oder 
die Uberschuldung nach Wegsall der Kriegsverhältnisse behoben werden wird. Diese 
Aussicht besteht aber regelmäßig dann nicht, wenn der Schuldner zur Abwendung des 
Konkurses einen außergerichtlichen Vergleich oder einen Zwangsvergleich schließen will. 
In diesen Fällen hat der Schuldner, um die notwendig vorausgehende G. zu erlangen, 
nicht darzutun, daß Aussicht zur Behebung des Konkursgrundes nach Wegfall der Kriegs- 
verhältnisse bestehe, sondern er hat, von den anderen Voraussetzungen abgesehen, dar- 
zutun, daß Aussicht besteht, den Konkurs durch ein Übereinkommen mit den Gläubigern 
abzuwenden (5 1 Abs. 2 Halbs. 2). 
b) Jäger a. a. O. 89, JW. 17 436. Mitträger der Schuldnerrolle können den 
Vergleichsantrag nur einheitlich, also nur zusammen und nur unter denselben Bedingungen, 
stellen. So eine Mehrheit persönlich haftender Gesellschafter oder Miterben (I1 72 Aufss O. 
mit § 211 KO., § 73 Abs. 4 AufsL O.). Daß einer von ihnen im Termin als Vertreter 
des anderen auftritt oder daß mehrere durch denselben Vertreier handeln, ist nicht aus- 
geschlossen. Am Widerspruch oder Widerruf (7 56) eines einzigen Genossen aber scheitert 
der Vergleichswille der übrigen. Auch kann das Vergleichsversahren unzulässig (5 42 Abs. 2) 
oder einzustellen (6& 57), der Vergleich zu verwerfen (5 54 Nr. 2), ansechtbar (§ 64 Nr. 1)
	        
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