Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Bek. gegen übermäßige Prelssteigerung v. 23. Juli 1915. 8 5. 167 
1) Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse. 
a. Marktlage. 
(Erläuterung a# bis oo in Bd. 3, 177 f#i.; u bis rr in Bd. 4, 763ff.) 
-ro. R. III, Rötr. 50 232, JW. 17 367, Leipz Z. 17 319, 388, Sächd#. 17 176. 
Zwischenhändler, die einen übermäßigen Gewinn durch Ausnutzung eines der allgemeinen 
Marktlage des Inlands nichl entsprechenden höheren Marktpreises eines Ortes ausnutzen, 
sind strafbar. Der Angeklagte hat kondensierte Milch, die er am Markt in Hamburg mit 
29,38 M. die Kiste gekauft hatte, nach kurzer Zeit in Berlin zu dem dort üblichen Markt- 
preis von 37,88 M. an Großhändler weiterverkauft. Da dic allgemeine Marktlage Deutsch- 
lands den hohen Berliner Marktpreis nicht rechtfertigte, ist der Angeklagte strafbar. 
###. RG. IV, JW. 17 23., Sächs A. 17 150. Eine Notmarktlage wird nicht nur 
dann geschaffen, wenn durch besondere unlaulere Preistreiberei der Verkäufer eine über- 
mäßig hohe Preissteigerung oder eine besondere Warenknappheit herbeigeführt wird. 
Sie ist schon dann vorhanden, wenn die Warenknappheit gegenüber der stärkeren Nach- 
frage eine Folge des Krieges und der hierdurch verminderten Einfuhr oder verminderten 
Erzeugung oder verminderten Zugänglichkeit der Ware für den freien Berkehr ist. Es 
hat nun eine Warenknappheit gegenüber der vermehrten Nachfrage dic natürliche Folge, 
daß die Konturrenz unter den Verkäufern beinahe ausgeschaltet wird und für diese dadurch 
die Möglichkeit entsieht, mit Preissleigerungen hervorzutreten. Während aber in Friedens- 
zeiten dieser natürlichen Entwicklung des Marktes kein Hindernis gelegt wird, da die 
Warenknappheit meist nur vorübergehend wirkt und bald durch die Konkurrenz wieder 
ausgeglichen wird, so daß eine erhebliche dauernde Benachteiligung der Verbraucher 
nicht eintritt, soll während der Kriegszeit dieser für den Frieden an sich normalen Ent- 
wicklung gerade entgegengetreten werden. Eine Warenknappheit, die lediglich im Kriege 
ihre Urfache hat, soll nicht vom Unternehmer als eine ihm günslige Konjunktur zum Nach- 
teil der Verbraucher bei den Gegenständen des täglichen Bedarfs dahin ausgenutzt werden, 
daß er nun eine in anderen Verhältnissen als eben nur im Ausscheiden der Konkurrenz 
infolge der Warenknappheit nicht begründete Preissteigerung eintreten läßt und so aus 
der Not des Kriegs einen höheren Gewinn zieht, als er im Frieden aus dem gleichen 
Geschäft bei normaler Marktlage, bei der diese andauernde und nicht zu behebende Waren- 
knappheit nicht vorliegt, gezogen haben würde. Die durch die Not des Kriegs geschaffene 
Marktlage mit ihrer Warenknappheit ist eben schon an sich die Notmarktlage, die nicht in 
gewinnsüchtiger Weise ausgenutzt werden darf. Ein Irrtum des Angeklagten über die 
Bedeutung der Marktlage und darüber, daß diese ihn berechtigte, mehr zu fordern, würde 
lein Irrtum im Sinne von St B. 59 sein, sondern ein solcher über die Tragweite des 
Verbots, übermäßigen Gewinn zu erzielen, der als Rechtsirrtum den Angeklagten nicht 
entschuldigt — hiergegen Alsberg, das. JW. 17, 234 — 
xz. RG. IV, JW. 17 486. Den immer wieder vorgebrachten Behauptungen 
gegenüber, daß der Marktpreis maßgebend sein müsse, genügt es, ausf die Ausführungen 
in Rst. 49, 398 u. 435 zu verweisen. Der Auffassung des Deutschen Handelstags, auf 
die der Verteidiger Bezug nimmt, kann eben nicht beigestimmt werden. Sie entspricht 
nicht dem Zweck und der Bedeutung der angezogenen Verordnung des Bundesrats. 
Wi JW. 17 301 (BayObLG.). Auf den Marktpreis legt das Gesetz kein ausschlag- 
gebendes Gewicht, denn der Marktpreis wird oft die Jolge der Preistreiberei der Ver- 
käufer sein, welche die durch den Krieg hervorgerufene wirtschaftliche Notlage durch Er- 
höhung der Preise gegenüber dem Verbraucher ihrer Waren ausnutzen. Gerade diese 
Ausnutzung will aber der Gesetzgeber hintanhalten. Der Marktpreis kann daher nicht 
schlechthin maßgebend sein, sondern nur dann, wenn er keinen höheren Reingewinn um- 
saßt, als den regelmäßig in Friedenszeiten gemachten Übererlös. Weder allein nach dem 
Marktpreise noch nach der im Gesetze beispielsweise aufgeführten Marktlage kann beurteilt 
werden, ob der Gewinn eines Verkäufers übermäßig ist, sondern nur nach den gesamten
	        
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