Bek. gegen übermäßige Prelssteigerung v. 23. Juli 1915. 8 5. 177
Hand dieser Ziffern nicht nur prozenlkualiter, sondern seinem wirklichen Geldbetrage nach
greifbar zu errechnende Gewinn wertvolle Anhaltspunkte für die Beantwortung der
ihm gestellten Frage geben können, ob sich der Angeklagte in einer unzulässigen Weise
ohne Rücksicht auf die durch den Krieg auf dem Lebensmittelmarkte für die Verbraucher
herbeigeführte Notlage bereichert hat.
o. JW. 17 491 (KG.). Es handelt sich um einen großen Geschäftsbetrieb, der
im wesentlichen mit dem Verkauf von Seise sich befaßt und hierzu in Berlin und Vor-
orten 115 Verkaufsstellen unterhält. Um die Verkaufsstellen ständig und rechtzeitig mit
den verschiedenen Sorten Seifen zu versehen, ist ein umsangreiches Lager erforderlich,
für deisen regelmäßige Ergänzung der Angeklagte als Geschäftsführer beizeiten zu sorgen
hat. Zu diesem Behufe macht er Abschlüsse mit Fabriken, die ihm die Seife in Mengen
von mehreren tausend Kilogramm in bestimmten Abständen liefern. Die Preise der
Fabriken sind je nach der Zeit der Lieferung verschieden; sie sind während des Krieges
sprungweise gestiegen; so war, wie festgestellt, der Fabrikpreis für 100 kg der hier in
Frage kommenden Oranienburger Kernseife anfangs März 1916 321 M., am 29. April
1916 bereits 410 M. Der Angeklagte hat somit an diesem Tage für das Stück Seife 44 Pf.
gezahlt, das vor dem Kriege von ihm für 5 Pf. verkauft wurde. Schon diese eigenartigen
Umstände des vorliegenden Falles zeigen, daß man mit der vom Reichsgericht bisher
gewollten Art der Berechnung des erstrebten Gewinns an der Einzelware dem wirtschaft-
lichen Zweck der Kriegsverordnung nicht gerecht werden kann. Die gesamten Verhält-
nisse, die bei der Berechnung des Gewinns zu berücksichtigen sind, umfassen hierbei auch
das Verschaffungsgeschäft und die Lagerung der Ware; denn beides hängt in Anbetracht
der Geringwertigkeit des Massenartikels mit dem Verkaufsgeschäft wirtschaftlich auf das
engste zusammen. Dazu muß ferner, wie die Verordnung hervorhebt, „insbesondere
die Marktlage“ berücksichtigt werden. Die hierfür maßgebenden Wechselbeziehungen
zwischen Angebot und Nachfrage können aber bei der erwähnten Eigenart des Geschäfts-
belriebs nicht in bezug auf die Einzelware, das einzelne Stück Seife beurteilt werden,
vielmehr muß auch der Gesamtheit der zum Verkauf angeschafften und angebotenen
Waren in Betracht gezogen werden. Das vorhandene Lager von vielen tausend Kilo-
gramm einzelner Seifenstücke ist in Abständen von Wochen und Monaten zusammenge-
bracht und wird fortlaufend ergänzt; die für die einzelnen Posten angelegten Preise
sind untereinander verschieden, und zwar sind sie, wie schon erwähnt, sprungweise ge-
stiegen. Die Zumutung, daß der Angeklagte mit der Preisbemessung für das einzelne
Stück Seife dauernd an den Preis gebunden sein sollte, den er bei Lieferung des be-
treffenden Postens für das Stück Seife kalkuliert und festgesetzt hatte, ist nicht zu recht-
fertigen; sie würde zu einem Verfahren führen, das technisch nicht durchführbar, aber
auch vom kaufmännischen Standpunkt ungewöhnlich wäre. Die Folge einer solchen
Scheidung der einzelnen in ihrer Eigenschaft, ihrem Aussehen und in ihrem wirtschaft-
lichen Werte völlig gleichen Waren durch verschiedene Abstufungen der Preise und der
dieser Scheidung entsprechende gleichzeitige Verkauf derselben Ware zu verschieden hohen
Preisen würde jeder verständigen auf möglichste Gleichmäßigkeit der Preise für die gleichen
Gegenstände abzielenden Preispolitik widersprechen, wie sie durch die Höchst- und Richt-
preise der Kriegsverordnungen allgemein, besonders durch die Einrichtungen der Preis-
prüfungsstellen angestrebt wird. Die technische Schwierigkeit, die sich einer solchen
Trennung der einzelnen Ware je nach der Zeit des Eingangs der Poslen, zu dem sie ge-
hören, entgegenstellen, sind ferner derart, daß man von einer Undurchführbarkeit sprechen
kann. Die einzelnen Stücke Seife, um die es sich hier handelt, sind von so geringem Wert,
daß sie die Kosten einer Einzelpackung nicht vertragen. Die erwähnte Scheidung der
einzelnen Waren nach besonderen Preisstufen würde eine genaue Kennzeichnung der
einzelnen Waren oder wenigstens der Teile von Warenbeständen des Lagers erfordern,
sie würde ferner eine genau durchgeführte Buchung der Bestände in dem Hauptlager
und in den Vorräten der 115 Verkaufsstellen je nach dem Eingang und Abgang der ein-
zelnen Warenposten notwendig mit sich bringen. Auch würde die Beschaffung besonderer
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