194 C. Handelssachen und Gewerbliches Eigentum.
schaftliche Aufgabe bei der Verleilung aber auch von einem allein erfüllt werden kann
nicht mehrere an iht teilzunehmen brauchen, so z. B. wenn der Großhändler an den Groß-
händler, der Kleinhändler an den Kleinhändler liefert. Für die Entscheidung, ob dies
der Fall ist, ob hiernach der Zwischenhandel als wirtschaftlich unnützer Kettenhandel auf-
tritt oder nicht, sind jeweils die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse, unter denen
er stattfindet, maßgebend.
3. RG. IV, Mittf Preisprüfst. 17 132. Wenn die Bundesratsverordnung vom
24. Juli 1916 zur Bekämpfung des Kettenhandels (RGl. 581) in § 11 diejenige Preis-
steigerung für Lebens- und Futtermittel unter Strafe stellt, die durch unlautere Machen-
schaften, insbesondere Kettenhandel, hervorgerufen wird, so erklärt sie damit, daß Ketten.
handel eine unlautere Machenschaft sei. Der Begriff der Unlauterkeit muß sonach auch
dem Begriff des Kettenhandels im Sinne dieser Verordnung innewohnen. Damit wird
er von Zwischenhandel, dem dieses Merkmal nicht anzuhaften braucht, geschieden. Handel
ist nicht nur Eigenwirtschaft, sondern ein Glied der Volkswirtschaft, und als solches be-
stimmt, gemeinwirtschaftliche Aufgaben zu erfsüllen. Dieser sein Beruf tritt gerade im
Kriege besonders in die Erscheinung, und ein Handel, der diese Aufgabe nicht erfüllt oder
ihr entgegenwirkt, wird — im gegenständlichen Sinne — unlauter. Demnach ist Ketten-
handel derjenige Zwischenhandel, der sich als eine unwirtschaftliche Vermehrung der
Glieder einer Kette erweist, in der die Ware vom Erzeuger dem Verbraucher zugeführt
wird, und bei dem die Einschiebung dieses überflüssigen Gliedes erfolgt lediglich in eigen-
süchtigem Interesse des Gliedes selbst, nicht zum Nutzen des ganzen gemeinschaftlichen
Verteilungsprozesses. Der Zwischenhandel soll dem Vorteile des ganzen gesunden und
rechtschaffenen Handels, der eine volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllt, dienen. Es ist des-
halb ebensosehr auf dessen Bedürfnisse wie auf das Anpassen an die Bedürfnisse der Ver-
braucher bei der Zuführung der Warc an sie zu sehen. So kann z. B. das Kreditbedürfnis,
die Notwendigkeit der Ansammlung verschiedener Arten von Waren und Ermöglichung
der Auswahl, Beförderungsverhältuisse, Notwendigkeit der Überwachung der Verteilung
und vieles andere das Vorhandensein eines Zwischenhandels rechtfertigen und ihn eine
für den Verteilungsprozeß wichtige Aufgabe erfüllen lassen. Erfüllt die Einschiebung
des Zwischenhandels aber diese volkswirtschaftlich bedeutungsvolle Aufgabe des Handels
nicht, sondern dient sie nur der Eigenwirtschaft, so verlängert sie nur und verbessert nicht
die Kette, an der die Händler die Ware dem Verbraucher zuführen, es findet lediglich
eine sogenanntes „Verschieben“ der Ware statt, das zum unlauteren Kettenhandel wird,
wenn es zugleich für den ganzen Verteilungsprozeß nachteilig wirkt. Ob in diesem Sinne
eine volkswirtschaftlich schädliche, lediglich eigensüchtige Einschiebung vorliegt oder nicht,
ist stets nach den besonderen Verhältnissen des jeweiligen Wirtschaftslebens und seiner
Bedürfnisse zu entscheiden und kann deshalb für die Friedenswirtschaft gegebenenfalls
ganz anders beurteilt werden, als für die Kriegswirtschaft.
4. Mittf Preisprüfst. 17 147 (Frankfurt). Schon das Angebot einer Warc kann den
Tatbestand des § 11 der Verordnung über den Handel mit Lebens- und Futtermitteln
und zur Bekämpfung des Kettenhandels vom 24. Juni 1916 (RBl. 581) erfüllen; es
ist nicht nötig, daß ein Vertrag zustande kommt.
5. Heslenfeld, D StrafrZtg. 17 27. Sind nach der Beschaffenheit und den Absatz-
verhältnissen einer Ware im Frieden ein oder mehrere Zwischenhändler notwendig oder
auch nur üblich, so ist auch im Kriege Kettenhandel nicht gegeben, wenn sich nicht weitere
Zwischenhändler in unwirtschaftlicher Weise einschieben. Andererseits kann Kettenhandel
schon dann vorliegen, wenn nur ein einziger Zwischenhändler auftritt, die Ware aber im
Frieden unmittelbar vom Erzeuger an den Verbraucher zu gelangen pflegte. Das Kriegs-
ernährungsamt hat sich dahin ausgesprochen, der leitende Zweck der K O. sei der, jene
Verkehrserscheinungen zu treffen, die die Warc verteuern und meistens auch dem Ver-
brauch unnötig vorenthalten, indem sie dieselbe von Hand zu Hand wandern lassen. Diese
Erscheinungen seien mannigfacher Art; hätte man objektive Kriterien festgelegt, so wäre