VO. über den Handel mit Lebens= und Futtermutteln v. 29. Juli 1916. 195
zu befürchten gewesen, daß Umgehungsformen gefunden würden, die den Zweck der
BO. verletzen, ohne unter die Begriffsbestimmung der BO. zu fallen.
6. Lehmann a. a. O. 50. Kettenhandel im Sinne der V0O. ist das Einschieben
eines Zwischengliedes in den Umlauf der Ware, das deren Weg zum Verbraucher in
einer kriegswirtschaftlich nicht gerechtfertigten Weise verlängert oder erschwert und
dadurch die Ware verteuert; ebenso Hirsch-Falck a. a. O. 91.
7. Wassermann, Ri Wirtsch. 17 122. Kettenhandel ist nicht stets, sondern nur
dann verpönt, wenn er sich als „unlautere Machenschaft“ darstellt.
8. Lehmann a. a. O. 49. Kettenhandel ist im Sinne der Preissteigerungs VO.
stets eine „unlautere Machenschaft“ (übereinstimmend mit Hirsch-Falck a. a. O. 91).
9. Alsberg a. a. O. 90. Der Kettenhandel ist zu definieren als: das preissteigernde,
auf einer unlauteren Ausnutzung der Kriegswirtschaftsverhältnisse beruhende sukzessive
Eingreifen einer Mehrzahl von — als Funktionären des Handelsverkehrs meist gleich-
stchenden — Personen in den Umlauf der Ware.
10. Alsberg a. a. O. 89. Das spezifisch börsenmäßige Verhandeln von Lebens-
mitteln — mag es den Tatbestand des Differenzgeschäfts erfüllen oder nicht — muß in
jedem Fall, weil es lediglich preistreibend in den Umlauf der Ware eingreift, als ein un-
zulässiger Kettenhandel angesprochen werden. Man könnte sogar als eine, wenn auch
nicht ausnahmslose Regel den Grundsatz aufstellen, daß der Handel unter gleichstehenden
Funktionären des Warenverkehrs den typischen Kettenhandel ausmacht. Der Groß-
händler soll nicht vom Großhändler kaufen und so die Ware mit dem Effekt ihrer Ver-
teuerung im Großhandel weiter bewegen, ehe sie die nächstfolgende Etappe des Absatz-
weges erreicht. Der Kleinhändler soll sie nicht vom Kleinhändler kaufen, um sie so erst
nach entsprechender Verteuerung in den Bereich der Konsumenten gelangen zu lassen.
11. Alsberg a. a. O. 87. Als unlautere Machenschaft wird der Kettenhandel unter
Strafe gestellt. Das bedeutet: nur wo dem Handelsumlauf der Ware durch mehrere
Personen (Kette) das Merkmal der unlauteren Machenschaft eignet, wird er von der
Kettenhandel WO. verpönt.
Als eine unlautere Machenschaft stellt sich das sukzessive Eingreifen mehrerer Händler
in den Umlauf der Ware dar, wenn es der Anschauung ehrbarer Kauflaute über das,
was Aufgabe des Handelsverkehrs ist, widerspricht. Diese Anschauung muß orientiert
sein im Hinblick auf die Berhältnisse der Kriegswirtschaft. Das will sagen: den sozialen
Anforderungen der Kriegswirtschaftszeit ist Rechnung zu tragen; die anormalen Ver-
hältnisse der Zeit müssen als solche gewertet werden.
12. Alsberg a. a. O. 86. Lebensmittel sind hier im weitesten Sinne gemeint.
Alles, was dem menschlichen Körper einverleibt wird, mag es auch mehr zum Genuß
als zur Ernährung bestimmt sein, ist hierher zu zählen. Voraussetzung ist allerdings, daß
es den Verdauungsorganen zuge führt werden soll. Deshalb kommt der Tabak nicht als
ein taugliches Objekt des Kettenhandels in Frage. Nicht aber sind auch diejenigen
Genußmittel auszuscheiden, deren absoluter Nicht-Nährwert als feststehend gilt, wie
Spirituosen. Nahrungsmittel im Sinne der Kettenhandel V O. ist nicht erst das genuß-
jertige Produkt. Auch die Urstoffe, die zu seiner Fabrikation bestimmt sind, zählen hierher
(s. 382 Kettenhandel LO). Ebenso auch die Zusatzmittel der menschlichen Nahrung, wie
Ole und Gewürze. Lebensmittel sind nicht alle Mittel, die zur Lebenshaltung dienen.
Lebensmittel sind nur solche Gegenstände, die in den Körper gelangen; Seife und Be-
kleidungsgegenstände zählen also nicht hierher.
13. Alsberg a. a. O. 91. Täter des Kettenhandels kann der Verkäufer in gleicher
Weise wie der Aufkäufer sein. Wer die Ware an Personen verhandelt, die sich in der so-
eben näher charakterisierten Weise zwecklos und unlauter in den Verteilungsprozeß ein-
schieben, wirkt mit zur Schaffung einer Händlerkette und wird damit Teilnehmer des
Kettenhandels. Vorausgesegzt, daß er — darin erfüllt sich die subjektive Seite der Tat —
die von dem Aufläufer beabsichtigte gemeinschaftswidrige Funktion erlannte oder hätte
erkennen müssen. Teilnehmer des Kettenhandels wird aber nicht schon derjenige, der
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