Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

196 C. Handelssachen und Gewerbliches Eigentum. 
von einem Kettenhändler die Ware lauft, um sie in reeller Weise dem Verbraucher zuzu- 
führen. Sein Tun ist nicht illoyal im Sinne ehrbarer kaufmännischer Anschauungen. 
Die Ponalisierung solcher Handlungsweise würde die Ware nur weiter dem Koettenhandel 
verfangen sein lassen, was sicherlich nicht im Sinne des Gesegzes liegt. 
14. Alsberg a. a. O. 91. Die unlautere preissteigernde Ausnutzung der Kriegs- 
wirtschaftsverhältnisse, die nicht zur Ausbildung einer Händlerkette führt, bleibt als der 
Grunddelikt des § 11 Kettenhandel BO. übrig. Es kann sich in den verschiedensten Er- 
scheinungsformen verwirklichen. So in der Zahlung von ungerechtfertigten Provisionen, 
die vielleicht gar nicht ernst gemeint sind und für die an den sie Gewährenden andere 
Vorteile zurückfließen. Oder in Beteiligungen, die nicht eine Dienst= oder Kapitalleistung 
entgelten wollen, vielmehr andere Abmachungen verdecken sollen. Vor allem können 
hierher gehören Eingriffe jeder Art in den normalen Absatz der Ware. Hierher kann auch, 
soweit er nicht schon als Kettenhandel anzusehen ist, der Wiederauflauf der Ware vom 
Detailhändler zählen. Das ist dann der Fall, wenn ein allgemein wirtschaftlich recht- 
fertigender Grund nicht vorhanden ist, also die Ware auch von diesem Detailhändler den 
Weg in das Publikum nehmen würde, und die Bedingungen für eine bessere Ausnutzung 
der Ware für die Allgemeinheit durch den Aufkauf nicht gegeben sind. Werden indes 
Gegenstände, deren Wert als Nahrungsmittel gering ist, als Bestandteil anderer wert. 
vollerer Nahrungsmittel entbehrt, so braucht ihr Aufkauf aus dem Detailhandel zum 
Zweck der Weiterverarbeitung durchaus nicht als eine unlautere Machenschaft angesprochen 
zu werden. Ebenso kann man es nicht als unlautere Machenschaft bezeichnen, wenn 
das Restlager eines zur Aufgabe seines Geschäfts entschlossenen Detaillisten aufgekauft 
wird, oder wenn der Auflauf erfolgt, weil die Ware in der betreffenden Gegend zusälliger- 
weise noch im Uberfluß vorhanden ist, oder dort auch in anderen genügend vorhandenen 
Lebensmitteln einen guten Ersatz findet. Genug Möglichkeiten, um auch gegenüber den 
Grundtatbestand der unlauteren preissteigernden Machenschaft, ebenso wie gegenüber 
dem Spezialtatbestand des Kettenhandels, nicht die schematksche Gleichstellung äußerlich 
gleichliegender Fälle genügen zu lassen, sondern eine Würdigung der konkreten Umstände 
des Einzelfalls in objektiver und subjektiver Richtung zu fordern. Zu boeachten ist dabei 
insbesondere auch, daß der Tatbestand der unlauteren Machenschaft im Sinne des & 11 
Kettenhandel V O. überall da entfällt, wo eine Preissteigerung des betreffenden Gegen- 
standes tatsächlich nicht eintritt. Wie die Absicht der Preissteigerung im Gegensatz zum 
Tatbestand des § 5 Ziff. 3 Preis Steig V O. nicht erforderlich ist, so ist sie auch nicht ge- 
nügend. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Preissteigerung nicht an dem speziell 
gehandelten Gegenstand in die Erscheinung zu treten braucht, weshalb es z. B. auch genügt, 
wenn sich bei einem wirtschaftlich angreifbaren Aufkauf eines Nahrungsmittels zum 
Zweck der Weiterverarbeitung der Preis für das Endfabrikat ungewöhnlich hoch stellt. 
15. Berl Handelsk Mitt. 17 245 (KG.). Die Vorschrift: „Das Verbot in Abs. 1 Nr. 1 
findet keine Anwendung auf Behörden“ kann nach dem Zusammenhang nur dahin ver- 
standen werden, daß Behörden Anzeigen mit dem in Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Inhalt 
ohne eine Einschränkung erlassen dürsen. Etwas ganz anderes liegt aber darin, daß die 
vom Beklagten gesuchten Waren angeblich zur Lieferung an Behörden dienen sollten. 
16. Moses, DJZ. 17 328. Unsittlich ist der Kettenhandel zweifellos, wenn der 
Fall des § 11 der VO. vom 24. Juni 1916 gegeben ist, d. h. wenn er eine strafbare Stei- 
gerung des Preises für Lebens- oder Futtermittel mit sich bringt. Unsittlich ist der Ketten- 
handel auch dann, wenn er zwar nicht Lebens= oder Futtermittel betrifft, aber doch den 
Preis von Gegenständen steigert, an denen ein öffentliches Interesse besteht. Diese 
Voraussetzung ist während der Dauer des Krieges bei allen Waren gegeben, die überhaupt 
zum Gegenstand der Kriegswirtschaftsgesetzgebung gemacht worden sind; bei den Gegen- 
ständen des täglichen Bedarfs, auch soweit sie nicht Lebens- oder Futtermittel sind (z. B. 
Streichhölzer) und des Kriegsbedarfs (z. B. Munition). Darüber hinaus aber, d. h. soweit 
sich der Kettenhandel auf Waren erstreckt, die nicht zu den Gegenständen des täglichen 
Bedarfs oder des Kriegsbedarfs gehören, ist er nicht unsittlich. Wenn es im Frieden
	        
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