Bek. über den Handel mit Lebens= und Futtermitteln v. 29. Juli 1916. 197
z. B. als durchaus unbedenklich gegolten hat, daß ein Kunsthändler ein Gemälde von einem
Händler kauft und an einen Händler zum höheren Preise weiter verkauft, so ist nicht ein-
zusehen, warum dieser Fall anders beurteilt werden soll, wenn er sich während des Krieges
ereignet. Denn weder im Frieden noch im Kriege besteht ein öffentliches Interesse daran,
daß der Preis, den der Kunstliebhaber schließlich für das Gemälde zahlt, etwa eine be-
stimmte Höhe nicht überschreite.
17. Hirsch-Falck a. a. O. 96. Nicht nur der Abschluß von Kettenhandelsgeschäften,
sondern auch die Lieferung auf Grund solcher ist strafbar und zwar selbst dann, wenn die
Lieferung auf Grund eines schon vor Erlaß der VO. geschlossenen Vertrages erfolgt.
18. Hirsch-Falck a. o. O. 95, 96. Kettenhandelsgeschäfte sind nach § 138 BGB.
nichtig.
12.
1. DJZ. 17 687 (KG.). Das Verbot, zur Abgabe von Preisangeboten aufs Lebens-
oder Futtermittel aufzufordern, richtet sich nur gegen solche Aufforderungen, die äußer-
lich erkennen lassen, daß der Anzeigende Preisangebote verlange. Die Revision der Staats-
anwaltschaft meint, daß der Anzeigende bei einem Kaufangebot in der Anzeige den ge-
sorderten Preis selbst benennen müsse. Tuc er das nicht, so sei der Schluß ohne weiteres
gerechtfertigt, daß er mit seinem Angebot, wenn auch vielleicht nicht ausschließlich, jeden-
jalls aber nebenbei bezweckt habe, Abnehmer zur Abgabe von Preisangeboten zu ver-
anlassen. Dem kann nicht beigetreten werden.
2. Leipz B. 17 821 (Stettin). Der Angeklagte hat in der Zeitung ohne Genehmigung
der örtlichen Polizeibehörde folgende Anzeige veröffentlichen lassen: „Wrucken kauft
zum festgesetzten Höchstpreise die Molkereigenossenschaft.“ Damit verstieß er gegen § 12
der BRVO. vom 24. Juni 1916. Allerdings mag er nicht die Absicht gehabt haben, einen
„Handel“ mit den Wrucken im Sinne von #r 1 Abs. 1 Nr. 1 HG. („Anschaffung und
Weiterveräußerung") zu treiben; geschweige denn einen Ketienhandel einzuleiten, der
durch ein im übrigen wirtschaftlich zweckloses Weiterschieben der Ware von Käufer zu
Käufer schließlich den verbrauchenden Käufer vor einen ungerechtfertigt in die Höhe
getriebenen Preis stellt, wie das die BO. in & 1 im Auge hat. Allein der § 12 wendet
zur Hintanhaltung dieses unerlaubten Handels die weitergehende Anordnung an, daß
Ankaufsanerbieten auf Lebens- und Futtermittel überhaupt nur dann öffentlich bekannt
gemacht werden dürfen, wenn vorgängig die Polizeibehörde deren Unbedenklichkeit
geprüft und genehmigend anerkannt hat. Es erstreckt sich also der Wortlaut des § 12
mit Recht auf alle derartigen Anzeigen, auch wenn sich aus ihnen selbst ohne Mühe —
nach ihrem Inhalte (z. B. wie hier, „zum festgesetzten Höchstpreise"“) oder nach der Person
ihres Urhebers — erkennen ließe, daß sie nicht den Handel mit Lebens- und Futter-
mitteln oder gar dem Kettenhandel dienen sollen, wie hier, wo es dem Angekl##gten
zu glauben sein mag, daß er nur Futter für die Schweinemästung der Molkerei zu
kaufen suchte.
3. Recht 17 179 Nr. 346 (Hamburg III). Die bloße Tatsache, daß der Beklagte
eine für den Heeresbedarf bestimmte Ware nicht selbst der Militärbehörde angeboten,
sondern an eine andere Firma verkauft hat, ohne sich darum zu kümmern, ob diese die
Ware direkt an die Militärbehörde liefern werde oder nicht, macht das Geschäft noch nicht
zu einem unsittlichen oder verbotenen „Kettenhandel“. Dieser erfordert vielmehr die
Absicht oder wenigstens das Bewußtsein, durch unlautere Machenschaften den Preis zu
steigern.
4. Wassermann, RuW. 17 123. Täter des Kettenhandels im strafbaren Sinn
lann sowohl der Verkäufer als der Käufer sein. Strafbar macht sich aber nicht schon etwa
derjenige, der die Ware vom Kettenhändler kauft, um sie nun etwa seinerseits in loyaler
Weise dem Verkehr zuzuführen. Der Gesetzgeber kann nicht wollen, daß die Ware noch
weiter dem Verbraucher vorenthalten bleibt, der vielfach nach ihr lechzt, oder weiter im
Kettenhandel umhergetrieben wird.