Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

392 D. Finanzgesetze. 
Begründung. 
I. Im allgemeinen. 
Während der Kriegszeit ist in der Tages= und in der Fachpresse, in Einzelschriften 
und in Vorträgen, vielfach auch durch der Reichsleitung unmittelbar zugegangene An- 
regungen immer wieder auf die Mohle als eine der ergiebigsten und am leichtesten er. 
faßbaren Steuerquellen hingewiesen worden. Auch der Bergbau rechnet seit längerer 
Seit mit einer solchen Steuer; so hat das Rheinisch-Westfälische Kohlensndikat bereits 
im Jahre 1915 die Kohlensteuerklausel in seine Verkaufsbedingungen aufgenommen. 
Die Reichsleitung hat die Erfassung dieses wichtigsten Hroduktionsmittels so 
lange zurückgestellt, als die Finanzlage dies irgend gestattete. Nunmehrt zwingt der 
Bedarf zur Erschließung auch dieser Steuerquelle. 
Der deutsche Steinkohlenbergbau umfaßt 350, der Braunkohlenbergbau 465 Ze- 
triebe. Die Sahl der Betriebsinhaber ist auf etwa 500, der derzeitige Wert der deutschen 
Kohlenförderung auf 2200 bis 2500 Millionen Mark zu schätzen. Die Kohlensteuer 
bietet demnach die Möglichkeit, dem Reiche den erforderlichen Betrag von etwa 500 
Millionen Mark aus einer einzigen, einfach zu veranlagenden und bei nur etwa 500 
Oflichtigen zu erbebenden Steuer zuzuführen. Diesem Dorteil ist während der Kriegs-= 
zeit ein erhebliches Gewicht beizumessen nicht nur mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeir 
der Reichs= und Staatsbehörden, sondern auch mit Rücksicht auf die Bevölkerung. 
Denn die Arbeitskräfte aller Berufsstände sind bereits so angespannt, daß auch die 
Steuerpolitik dieser Tatsache Rechnung tragen muß. 
Bei der Hrüfung der wirtschaftlichen ulässigleit einer Kohlensteuer in der vor- 
gesehenen Höhe von 20 v. H. ihres Wertes ab Grube mußten die für die Seit nach dem 
Kriege zu beobachtenden Rücksichten, vor allem die auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer 
Ausfuhrindustrien, zurückgestellt werden. Denn die Frage, in welchem Umfang für 
diese Industrien und auch für die Reedereien eine Derteuerung der Nohle erträglich 
seln wird, läßl sich erst beantworten, wenn die Bedingungen übersehbar sind, unter 
denen nach dem kriege einerseits die Auslandsmärkte den dentschen Erzeugnissen 
offenstehen, andererseits die Industrien des Auslandes selbst arbeiten wärden. Diese 
Frage ist demnach erst nach dem k#riege als ein wichtiger Teil der Neuregelung unserer 
Wirtschaft zu prüfen. 
Die Erhebung einer Hohlensteuer während des HKrieges wird vielleicht dem Ein- 
wand begegnen, daß die Kohlenpreise seit Kriegsausbruch nicht unerheblich gestiegen 
sind. Aber jede während des Krieges eingeführte Stener muß einer geminderten Trag= 
fähigkeit aufgebürdet werden. Hier werden die Bedenken durch die Tatsache wesentlich 
abgeschwächt, daß Deutschland zur Seit die weitaus billigsten Mohlenpreise der Welt 
hat. Aus den in den Anlagen gegebenen bersichten geht hervor, daß die Zichtpreise 
des RheinischeWestfälischen Mohlenspndikats seit 1913/14 um durchschnittlich etwa 
4,50 M. gestiegen sind, während sich die Inlandspreise Englands durchschnittlich ver- 
doppelten. Dieser Steigerung entsprachen die von den Neutralen zu zahlenden Hreise. 
So berichtet The North East Coast Commercial Compendium vom November 1916 
über die für Dezember lol getätigten Abschlüsse der norwegischen und der dänischen 
Staatsbahnen, daß erstere für 18000 f D. C. B. Steam Coal 20 sh 9 d fob, letztere für 
6000 t der gleichen Sorte 30 sh fob zahlten. 
Die enorme Böhe der in Frankreich und in Italien herrschenden Hreise ist be- 
kannt. Bemerkenswert ist die außerordentliche, seit Ende lolsö einsetzende Steigerung 
der nordamerikanischen Hreise, welche 3. B. gute Hennsploaniakohle frei 7#ew Norker 
Hafen von 2,80 Anfang 1015 auf 3,50 F im Dezember 1015 und auf 6,25 bis 7 
im Dezember 1916 hinaufschnellen ließ. 
Der vergleichsweise niedrige deutsche Hreisstand ist unter anderem der Tatsache 
zuzuschreiben, daß eine Erhöhung der Inlandspreise nur knapp im Ausmaß der Steige- 
rung der Betriebskosten des Bergbaues zugelassen wurde.
	        
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