530 G. Vergeltungsmaßregeln.
so ist sic nicht antragsberechtigt. Im Hinblick auf den Vergeltungscharalter der & 1
und 2 BRVO., ist es aber ohne Belang, ob der betressende Vertragsteil bei Abschluß des
Vertrages noch kein „Deutscher“ war. Es muß genügen, daß er es jetzt ist.
5. Wertheimer, Vertrags-Kriegsrecht 34. Unerheblich ist, wo der Deutschez. Zt. des
Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hatte, ob in Deutsch—
land, dem verbündeten, neutralen oder feindlichen Auslande. Dagegen wird zu unter.
scheiden sein, wo sein Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung zur Zeit der Stellune
des Antrags ist. Befindet sich diese im feindlichen Auslande, dann steht auch dem deut.
schen Staatsangehörigen lein Antragsrecht zu. Er gilt für das durch die BR#.. ge-
schaffene Vergeltungsrecht nicht als „Deutscher“, da seine geschäftliche Tätigleit im Ver-
bande der feindlichen Volkswirtschaft erfolgt und dieser zunächst zugute kommt. Bloßer
Aufenthalt im feindlichen Auslande als Kriegsgefangener oder Zivilinternierter hemmt
das Antragsrecht nicht. Dagegen kann ein Deutscher, der zur Zeit des Abschlusses des Ver-
trags mit einem feindlichen Staatsangehörigen oder einem diesem gleichgestellten Deut-
schen, Neutralen oder Staatenlosen in einem feindlichen Staate seinen Wohnsitz oder
seine gewerbliche Hauptniederlassung gehabt hat, diese aber zur Zeit der Antragstellung
endgültig ausgegeben hat, auf Grund der BRVO. vorgehen. «
6. Wertheimer, Vertrags-Kriegsrecht 35. Dem feindlichen Staatsangehörigen
sind solche Personen, die eine mehrfache Staatsangehörigleit, darunter eine feindeslän-
dische, besitzen, dann gleich zu achten, wenn durch die Auflösung des Vertrags die Volks.
wirtschaft des feindlichen Staates betroffen wird. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kann
die Vertragsauflösung nicht aus Vergeltungszwecken ersolgen.
7. Menner a. a. O. 372. Personen, die eine mehrfache Staatsangehörigkeit be-
siten, müssen es sich wegen des Charakters der VO. als eines Vergeltungsgesetzes gefallen
lassen, daß ihnen gegenüber der für sie ungünstigere Standpunkt eingenommen wird.
Besitzt jemand z. B. die deutsche und die engliche Slaatsangehörigkeit, so kann gegen ihn
ein Antrag auf Vertragsauflösung gestellt werden.
8. Wertheimer, Vertrags-Kriegsrecht 35. Da die BR O. uur verlangt, daß die
eine Partei, die den Vertrag geschlossen hat, ein „Deutscher“ ist, so ist es ohne Belang,
ob die Vertragsauflösung von dem Rechtsnachfolger dieses deutschen Vertragschließenden
begehrt wird. Dies selbst dann, wenn dieser nicht „Deutscher“ ist, nur darf er freilich nicht
feindlicher Ausländer oder eine diesem gleichgestellte Person sein. Man wird so im Hinblick
auf den Vergeltungszweck auch dem neutralen oder verbündeten Ausländer als Rechts
nachfolger des deutschen Vertragsschließenden das Antragsrecht zusprechen müssen.
9. Wertheimer, Vertrags-Kriegsrecht 39. Wenn schon im allgemeinen die Ansicht
den Vorzug zu verdienen scheint, die den statutarischen Sitz enkscheidend sein läßt, so ist
bei Anwendung der BRVO. vom 16. Dez. 1916 nur dann zu sicheren Ergebuissen zu ge-
langen, wenn man diese Ansicht maßgebend sein läßt.
10. Wertheimer, Vertrags-Kriegsrecht 40. Auch Verträge, die ein Deutscher
mit einem Deutschen oder einem nicht feindlichen Staatsangehörigen geschlossen hat,
wird man dann als unter den § 1 BRO. fallend ansehen müssen, wenn z. Zt. der Stellung
des Antrags der Vertragsgegner ein feindlicher Stoatsangehöriger ist, sei es, weil der
ursprüngliche Vertragsgegner seine Nationalität geändert, sei es, weil eine Rechtsnach-
folge eingetreten ist. Nur bei dieser Aufsfassung kann der von der BRO. erstrebte Ver-
geltungszweck erreicht werden. Denn es hätte doch keinen Sinn, einen s. Zt. von einem
feindlichen Ausländer abgeschlossenen Vertrag auch dann aufzulösen, wenn daraus jeßt
ein „Deutscher“ (im weiteren Sinne) berechtigt ist. Die deutsche, nicht die feindesländische
Volkswirtschaft hätte den Schaden davon. Natürlich muß in Fällen, in denen hinter einem
feindesländischen Vertragsteil eine Rechtsnachfolge eingetreten ist, geprüft werden, ob
sie nicht etwa herbeigeführt worden ist, um eine fraudulöse Sicherung vor den mos-
lichen Folgen der BR O. zu erlangen. In solchen Fällen wird man, trotzdem jetzt eimn
Deutscher der Vertragsgegner ist, zu einer Auflösung des Vertrages schreiten müssen.