Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Bek., betr. Verträge mit feindlichen Staatsangehörigen v. 16. Dezember 1916. 8 1. 533 
reichen Fällen praktisch werden, in denen durch den Kriegsausbruch die Versendung der 
bereits dem Spediteur oder Frachtführer übergebenen Ware unterblieben ist oder unter- 
brochen wurde und diese dann in Verlust geraten ist. Schwierigkeiten werden sich auch 
daraus ergeben, daß wohl niemals die beiderseitigen Teilleistungen sich vollkommen ent- 
sprechen werden oder gleich zu bewerten sind. Ob und inwieweit der Berkäufer seine „in 
bezug auf die Leistung der verkauften Sachen obliegenden Verpflichtungen schon erfüllt 
hatte“, ist, soweit hierüber der Vertrag keine Bestimmungen enthält, nach dem für seine 
Verpflichtungen maßgebenden Rechte zu beurteilen. Über die Art und Weise, wie die 
Vertragsparteien sich über die Wirkungen der Auflösung des VBertrags bei Teilleistungen 
nach dem Kriege auseinanderzusetzen haben, besonders über die vorzunehmende Ver- 
rechnung, müssen mangels gütlicher Verständigung die Gerichte befinden. Vertrags- 
strafen und Schadenersatzansprüche lönnen auf Grund einer vom Reichsschiedsgericht aus- 
gesprochenen Vertragsauflösung nicht geltend gemacht werden. 
83. 
1. Schaps a. a. O. 178. Der Ausdruck „Streitigkeiten über die Einwirkung des 
Krieges auf die Rechte und Pflichten aus dem Bertrag“ ist im denkbar weitesten Sinne zu 
verstehen. Insbesondere wird es sich handeln um Fragen der Unmöglichkeit der Leistung, 
der wesentlichen Veränderung des Leistungsinhalts, des Rücktritts, der Anwendbarkeit 
von Kriegsklauseln. Auch die Frage, ob der Vertrag rechtsglltig nach & 1 gelöst ist und was 
für Rechtsfolgen sich hieraus ergeben, gehört hierher. „Streitigkeit“ setzt nicht voraus, 
daß die Vertragsteile über irgendwelche Punkte gestritten haben; sie bedeutet soviel wie 
„Rechtsstreit". Eine Streitigkeit liegt also z. B. vor auch im Falle einer Klage auf Fest- 
sellung des Nichtmehrbestehens des Vertrages, selbst wenn der Kläger gar nicht weiß, 
wie der Bekl. sich hierzu stellt. 
2. Schaps a. a. O. 178. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Klageerhebung. Nötigen- 
falls ist das zuständige Gericht entsprechend § 36 Nr. 3 8PO. zu bestimmen. 
3. Schaps a. a. O. 178. Auch der feindliche Bertragsteil kann das nach §& 3 zuständige 
Gericht anrufen. 
4. Schaps a. a. O. 178. 5§ 3 gilt auch dann, wenn die ausschließliche Zuständigkeit 
eines anderen Gerichts oder eines Schiedsgerichts vereinbart ist. 
5. Wertheimer, IW. 17 128. Man wird den 5 3 BO. schon um seiner wirksamen 
Anwendung wegen, so auslegen müssen, daß der darin geschaffene Gerichtsstand auch 
dann gegeben ist, wenn die Parteien Arbitrage, Schiedsverfahren oder einen ausländischen 
Gerichtsstand vereinbart hatten. Denn die VO. hebt hervor, daß zur Entscheidung von 
Streitigkeiten über die Einwirkung des Krieges auf die Vertragsrechte und Hflichten 
„auch“ das von ihr bestimmte Gericht zuständig sein soll. 
6. Wertheimer, JW. 17 128. Bei Kauf., Lieferungs-, Werk-, Seefracht= und 
Charterverträgen steht dem deutschen Vertragsteil die Wahl frei, ob er die Auflösung des 
Vertrags im Wege der Vergeltung oder im ordentlichen Prozeßverfahren herbeiführen 
will. Maßgebend für solche Entschließung wird sein, welcher Weg ihn rascher, wirkungs- 
reicher und billiger zum Zielc führt. Die Kosten des Verfahrens vor dem Reichsschieds- 
gericht fallen ihm zur Last, die des Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten treffen im 
Falle seines Obsiegens seinen Vertragsgegner. Wie weit er sie dann später von diesem 
beitreiben kann, ist eine andere Frage. Der deutsche Vertragsteil wird für seine Entschließung 
aber auch noch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Die Entscheidung der 
ordentlichen Gerichte wird späterhin ohne weiteres von den feindesländischen Gerichten 
beachtet werden müssen. Denn es handelt sich um Urteile, die auf Grund des bürgerlichen 
Rechts im ordentlichen Prozeßverfahren ergangen sind. Dagegen wird es von dem Frie- 
densvertrag abhängen, inwieweit die Entscheidung des Reichsschiedsgerichts für Kriegs- 
wirtschaft in Vertragsangelegenheiten, da sie ja Retorsionsmittel sind, Anerkennung findet. 
Mit dieser Anerkennung wird man freilich ziemlich sicher schon deshalb rechnen können,
	        
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