580 M. Vaterländischer Hilfsdienst.
einen Hilfsdienstpflichtigen für zeitweise entbehrlich zu betrachten und einem bestimmten
Betriebe für so lange zu überweisen, als er an der anderen Stelle nicht gebraucht wird.
6. Kriegsamt (Rechtsabtl.) Amtl Mitt. 17 Nr. 21 S. 2. Die Vorschrift des 87
Abs. 2, wonach die Heranziehung des Hilfsdienstpflichtigen durch die Einberufungsaus-
schüsse damit zu beginnen hat, daß er zunächst die besondere schriftliche Aufforderung erhält
und alsdann den Versuch zu machen hat, eine Beschäftigung im Hilfsdienste selber herbei-
zuführen, ist zwingend. Die Einberufungsausschüsse können also nach der jetzigen Ge-
sebeslage nicht sofort „überweisen“. Sie brauchen aber, wie schon im „Kriegsamt“ her-
vorgehoben wurde, einen Hilfsdienstpflichtigen nicht mehrere Male aufzufordern. Wer
einmal aufgefordert wurde, kann nunmehr wiederholt überwiesen werden, ohne daß alle-
mal eine „Aufforderung" dazwischengeschoben zu werden braucht.
7. Kriegsamt (Rechtsabtl.) Amtl Mitt. 17 Nr. 12 S. 5. Bei der Rechtsabteilung
ist angefragt worden, wie sich die Einberufungsausschüsse verhalten sollen, wenn sie einen
Hilfsdienstpflichtigen heranziehen, der infolge Berurteilung zu Zuchthausstrafe
oder infolge Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder Entfernung
aus dem Heere oder der Marine die Fähigkeit zum Dienst in Heer und Marine nicht besipt.
Hat in einem solchen Falle der Einberufungsausschuß die Verpflichtung oder wenigstens
die Berechtigung, den Arbeitgeber entsprechend zu verständigen? In der Anfrage, die
der Rechtsabteilung vorliegt, wird die Befürchtung ausgesprochen, daß den Staat unter
Umständen eine Schodensersatzpflicht treffen könnte, wenn der Einberufungsausschuß
dem Arbeitgeber keine Mitteilung über jene Eigenschaft des Überwiesenen machte; wäh-
rend andererseits, wenn die Benachrichtigung stattfinden mußte, die Verwendung solcher
Hilfsdienstpflichtigen sehr erschwert werden würde.
Hierzu ist zu bemerken:
Die Unsähigkeit zum Militärdienste aus einem der oben angegebenen Gründe steht
der Heranziehung zum Hilfsdienst grundsätzlich nicht entgegen. Auch derfjenige ist hilfs-
dienstpflichtig, der vom Dienste im deutschen Heere oder der kaiserlichen Marine ausge-
schlossen ist. Er hat dann Gelegenheit, sich wenigstens im Hilfsdienste seinem Vaterlande
nützlich zu machen. Auf keinen Fall besteht nun eine Pflicht des Einberufungsausschusses,
den betreffenden Arbeitgeber dann zu verständigen, wenn der Hilfsdienstpflichtige nach
empfangener besonderer schriftlicher Aufforderung selbst in einem kriegswichtigen Be-
triebe Arbeit sucht und findet. In diesem Falle trägt der Einberufungsausschuß keine Ver-
antwortung. Anders, wenn der Einberufungsausschuß den Hilfsdienstpflichtigen einem
bestimmten Arbeitgeber „überweist“. Hier führen Erwägungen der Billigkeit und der
schuldigen Rücksicht, die alle Volksgenossen aufeinander nehmen mühssen, unbedingt dazu,
daß der Arbeitgeber in geeigneter Weise unterrichtet werden muß. Das darf nalürlich
nicht in einer den Hilfsdienstpflichtigen verletzenden oder ihn unnötig schädigenden Weise
geschehen. Der Takt wird hier den richtigen Weg weisen müssen. Aber ganz unterbleiben
darf die Verständigung nicht. Der Einberufungsausschuß muß ja auch die Arbeitsbe-
dingungen zwischen dem Ülberwiesenen und dem Arbeitgeber regeln. Er wird also in
einem gewissen Sinne als Arbeitsvermittler tätig und kann als solcher den Arbeitgeber
über ihm bekannte Mängel des Uberwiesenen, die unter Umständen für die Entschließung
des Arbeitgebers wesentlich sein könnten, nicht im unklaren lassen. Damit ist natürlich
nicht gesagt, daß etwa der Einberufungsausschuß vor jeder Überweisung besondere Er-
kundigungen darüber anstellen soll, ob etwa der betreffende Hilfsdienstpflichtige vor-
bestraft ist uasp. Aber wenn dem Ausschusse einmal so etwas bekannt geworden iss, darf er
billigerweise eine angemessene Verständigung des Arbeitgebers nicht unterlassen. Es ist
angesichts des großen Bedarfes an Arbeitskräften nicht anzunehmen, daß auf diese Beise
der Hilfsdienst wesentlich beeinträchtigt werden könnte. Andererseits ist gerade der Hilfs-
dienst eine gute Gelegenheit, einen Fehltritt durch ehrliche Arbeit im Interesse des Vater-
landes zu fühnen: ein Gesichtspunkt, der von einsichtigen Arbeitgebern gewiß ernst gewür-
digt werden wird.