598 M. Vaterländischer Hilfsdienst.
die Ablehnung des Schiedsspruchs durch den Arbeitgeber. Abgesehen von den beiden
letzten Fällen werden stets die Bedürfnisse des Hilfsdienstes angemessen in Betracht zu
ziehen sein.
3. Schiffer-Junck a. a. O. 52. Nach seinem gesamten Inhalt und Zweck kann kein
Zweifel darüber bestehen, daß ein wichtiger Grund jedenfalls nur dann vorliegt, wenn das
Ausscheiden die Ziele des Gesetzes fördert oder jedenfalls nicht beeinträchtigt. Daraus
ergibt sich, daß der Begriff des wichtigen Grundes im Sinne des Hilfsdienstgesetzes sich
nicht mit demjenigen im Sinne des Be#B., des HG. oder der GewO. deckt. Denn diese
Gesetze regeln lediglich das Verhältnis zwischen Privatpersonen. Die Wichligkeit eines
für die Auflösung eines bestehenden Rechtsverhältnisses geltend gemachten Grundes
richtet sich also allein nach dem Gewicht der miteinander im Widerspruch stehenden Prival-
interessen. Das Hilfsdienslgesetz hingegen hat es mit dem Ausgleich zwischen Privatinter-
essen und öffentlichem Interesse zu tun und zwar dergestalt, doß das öffentliche Interesse
vorangeht, und das Privatinteresse nur insoweit Berücksichtigung verlangen kann, aber
auch darf, als es ihm nicht widerspricht. Deshalb wird zwar, wenn ein wichtiger Grund
im Sinne des HD. vorliegt, ein solcher stets auch als im Sinne jener anderen Gesetze
gegeben anzuerkennen sein. Dagegen ist das Umgekehrte keineswegs der Fall: ein privat-
rechtlich wichtiger Grund, der geeignet ist, zur Auflösung eines Vertrages zu führen, braucht
dieselbe Wirkung in der Richtung der Aufhebung eines Beschäftigungsverhältnisses, an
dessen Aufrechterhaltung ein öffentliches Interesse besteht, nicht zu haben.
4. Schiffer-Junck a. a. O. 52. Geht man von diesem unanfechtbaren Gesichts-
punkte als der die Gesamtheit aller Bestimmungen des HD beherrschenden Regel aus,
so fällt auch ein klares Licht auf die vielumstritlene Vorschrift des § 9 Abs. 3: „Als wichtiger
Grund soll insbesondere eine angemessene Verbesserung der Arbeitsbedingungen im vater-
ländischen Hilfsdienst gelten.“ Auch sie steht unter dieser Regel; und wenn auch der Sap,
der dies ausdrücklich aussprach — „Bei der Entscheidung der Frage, ob ein wichtiger Grund
vorliegt, ist auf die Bedürfnisse des vaterländischen Hilfsdienstes Rücksicht zu nehmen“ —,
entgegen dem Vorschlage der Mitglieder des Haushaltsausschusses vom Reichstag gestrichen
wurde, so sollte doch diese Streichung durchaus nicht die Verleugnung jenes allgemein
gültigen Grundsatzes bedeuten. Vielmehr ist die Streichung nur erfolgt, um zu verhüten,
daß das vaterländische Interesse einseitig gegenüber dem Arbeitnehmer hervorgehoben
wurde, und den Eindruck zu vermeiden, als ob es nicht auch dem Arbeitgeber gegenüber
Geltung zu beanspruchen hätte. Man glaubte, das Prinzip des Gesetzes genügend da-
durch gewahrt zu haben, daß man als wichtigen Grund nur eine „angemessene“ Verbesse-
rung“ gelten lassen wollte. Das Wort „angemessen“ bedeutet hier also nicht etwa dasselbe
wie wesentlich, erheblich oder beträchtlich; es ist nicht lediglich quanlitativ zu vorstehen,
sondern es weist auf einen Vergleich aller, sowohl der privaten Interessen der Beteiligten
wie des öffentlichen Interesses untereinander mit dem Endziele hin, die Gesamtheit dieser
Interessen unter Voranstellung des öffentlichen Interesses zum Ausgleich zu bringen.
Um festzustellen, ob eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen — deren Begriff zudem
enger zu fassen ist als der allgemeine Begriff der Lebensbedingungen — angemessen ist,
muß also das Maß nicht lediglich aus den privaten Verhältnissen des einzelnen, sondern
auch aus den öffentlichen Verhältnissen genommen werden, für die seine Tätigkeit bean-
sprucht wird. Demgemäß wird eine Prüfung der zur Entscheidung gelangenden Fälle
davon auszugehen haben, ob der Arbeitnehmer in der Stelle, die er verlassen will, bereits
für ihn angemessene Arbeitsbedingungen hat. Ist dies nicht der Fall, so wird auf schleunigste
Abstellung der Mängel zu dringen, oder sofort der Abkehrschein zu bewilligen sein. Denn
es ist dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten, unter unzulänglichen Bedingungen zu arbeiten,
wenn er zulängliche erlangen kann. Dann muß eben der Arbeitgeber die Bedingungen
aufbessern oder den Arbeitnehmer gehen lassen. Das Hilfsdienstgesetz darf nicht dazu dienen,
unter dem Schilde des vaterländischen Interesses Lohndrückereien zu schützen oder zu för-
dern. Sind aber die Arbeilsbedingungen als an sich befriedigend, gerecht und billig anzu-
sprechen, so wird ein Arbeitswechsel grundsätzlich nur noch in ganz besonderen Fällen in