Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst v. b. Dezember 1916. Anhang. 611
B. Einwirkung auf Verträge.
I. Mietverträge.
Baum a. a. O. 59. Die Einberufung zum Hilfsdienst ist für den Hilfsdienstpflichtigen.
kein Grund zur sofortigen Auflösung abgeschlossener Mietsverträge, und zwar auch dann
nichk, wenn die Dienstleistung cußerhalb seines bisherigen Wohnortes erfolgt und ihn
an der Weiterbenutzung seiner Wohnung hindert. Auch das Kündigungsrecht des § 570
. steht dem Hilfsdienstpflichtigen nicht zu. Die Einberufung zum Hilfsdienst ist keine
Versetzung, so daß sich daher auch Beamte, die als in ihrer bisherigen Amtsstellung ent-
behrlich gemäß § 2, & 4 Abs. 1 zum Hilfsdienst einberusen werden, auf § 750 B#B. nicht
berufen können.
II. Gesellschaftsverträge.
Bauma. a. O. 60. Bei Gesellschaftsverträgen kann die Einberufung zum Hilfsdienst
einen „wichtigen Grund“ zur sofortigen Auflösung (5 723 Abs. 2 BGB.) darstellen. Dies
wird insbesondere dann gelten, wenn die Arbeitskraft des einberusenen Gesellschafters
für das Unternehmen unentbehrlich und seine Fortsetzung ohne den Einberufenen gar
nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten möglich ist. — Muß dagegen das Unternehmen
infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse ohnehin ohne Rücksicht auf die Einberufung des
Gesellschafters stillstehen, so wird man — namentlich bei langfristigen Verlträgen mit großen
Kapitalseinlagen — die Annahme eines „wichtigen Grundes“ ablehnen.
III. Dienstoerträge.
(Zu vgl. Bd. 4, 864.)
1. Kriegsamt (Rechtsabtl.), Amtl Mitt. 17 Nr. 3 S. 5. Nach BGB. f 626 kann das
Dienstverhältnis von jedem Teile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden,
wenn ein wichtiger Grund vorlicgt.
Das gleiche gilt für das Gebiet der Gewerbeordnung und die Handlungsgehilfen.
Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfeist bedeutet einseitige Aufhebung des
Dienstverhältnisses ohne Innehallung einer Kündigungsfrist oder, wie gewöhnlich gesagt
wird: (Sofortiger) Rücktritt vom Vertrage.
Über den Fall, daß der Dienstberechtigte (Prinzipal, Arbeitgeber) zur Dienstpflicht
herangezogen wird, läßt sich Grundsätzliches kaum sagen. Wird er persönlich zur Dienst-
pflicht herangezogen und damit seinem Betriebe entfremdet — was in der Regel nur er-
solgen wird, wenn scin Betrieb nicht schon als vaterländischer Hilfsdienst nach § 2 des Hilfs-
dienstgesetzes gilt —, so hängt es ganz von der Lage des Falles ab, ob er deswegen seine
Angestellten oder Arbeiter entlassen darf. Die tatsächliche Fortführung seines Betriebes
wird in der Regel einen Anhalt dafür geben, daß genügende Vertretung durch einen Sozius,
Prokuristen usw. vorhanden ist, und daß deshalb sein persönliches Ausscheiden keinen wich-
tigen Grund nach §s 626 abgibdt.
Einer besonderen Betrachtung bedarf der Fall, daß zwar nicht der Inhaber des Be-
triebes persönlich herangezogen, wohl aber sein Betrieb durch sog. Stillegung oder Ein-
schränkung in einer Weise verkümmert wird, daß dem Inhaber die Aushaltung der Dienst-
verträge mit allen seinen Angestellten, Arbeitern usw. billigerweise nicht zugemutet werden
kaonn. Dies wird ja nur in seltenen Föllen zutreffen. Namentlich wird es nur selten vor-
kommen, daß die Verkümmerung so plötzlich und schonungslos eintritt, daß nicht wenig-
stens kürzere Kündigungsfristen eingehalten werden müßten. Auch könnte in solchen Fällen
Rücksicht geübt werden (ogl. § 4 Abs. 2 des Gesetzes). Daß aber Fälle denkbar sind, in denen
dem Betriebsinhaber sofortiger Rücktritt von Dienstverträgen zugebilligt werden muß,
ist sicher.
Wichtiger dürften die Fälle sein, wo die Hilfsdienstpflicht den Dienstverpflichteten
(Handlungs= oder Gewerbegehilfen, Angestellten, Arbeiter) trifft.
Daß die Hilfsdienstpflicht nicht bloß Verhinderung „für eine verhältnismäßig nicht
erhebliche Zeit“ im Sinne des 3 616 BG. bedeutet, sollte nicht bezweifelt werden, an-
393