Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

612 M. Baterländischer Hilfsdienst. 
gesichts der gänzlich unübersehbaren Dauer des Krieges und damit der Hilfsdienst- 
Pflicht. 
Also ist Heranziehung zur Hilfsdienstpflicht ein wichtiger Grund. 
Zunächst für den Dienstverpflichteten selbst. 
Jedoch muß dieser Satz eingeschränkt werden. Die Heranziehung erfolgt nach § 7. 
des Gesctzes 
1. durch Aufforderung zur freiwilligen Meldung; 
2. bei Bedarf durch schriftliche Aufforderung des einzelnen Hilfsdienstpflichtigen, 
worauf dieser 
a) entweder selbst vaterländische Arbeit zu suchen und anzutreten hat; 
b) oder, falls er nicht binnen 2 Wochen angetreten ist, überwiesen wird. 
Fall 1 genügl nicht. Die bloße Tatsache, daß ein Angestellter oder Arbeiter nach 
5 1 des Gesetzes hilfsdienstpflichtig ist und Kenntnis von der allgemcinen Aufforderung 
zur freiwilligen Meldung erhält, berechtigt ihn nicht, ohne Rücksicht auf cinen ihn bindenden 
Dienstvertrag seine Stellung auf Knall und Fall zu verlassen. Auch die Heiligkeit von Ver- 
trägen liegt im vaterländischen Interesse. Es ist darum Sache des einzelnen, wenn er seine 
Kräfte freiwillig darbringen will, seine bestehende Dienstvertragsverbindlichkeit durch Ver- 
handlung mit seinem Dienstherrn gütlich zu lösen. Ausnahmen sind natürlich denkbar: 
So, wenn die Aufforderung zur Meldung an alle Angehörigen eines bestimmten BVerufes. 
ergeht, oder es keinem Zweisel unterliegt, daß gerade dieser Mann unbedingt zum vater- 
ländischen Hilfsdienst sofort gebraucht wird. Allcin an dem Grundsatze, daß die allgemeine 
Aufforderung nicht genügt, wird festgehalten werden müssen, falls nicht verhängnisvolle 
Rechtsunsicherheit eintreten soll. Dies um so mehr, als ja in vaterländisch wichtigen Fällen 
die schriftliche Einzelaufforderung kaum ausbleiben wird. 
Dagegen muß im Falle 2 grundsätzlich ein wichtiger Grund für den Dienstvertrags- 
verpflichteten angenommen werden, wobei es ja gleichgültig ist, ob der Betreffende von 
selbst in Arbeit geht oder erst überwiesen wird. Der wichtige Grund ist die Aufforderung, 
durch die ausgesprochen wird, daß das Vaterland gerade diesen einzelnen braucht. Es gilt 
hier das gleiche wie bei der Heranziehung zur Wehrpflicht, wo es ja auch einerlei ist, ob 
sie durch freiwillige Meldung oder erst auf Gestellungsbefehl erfüllt wird. 
Aber auch hier ist eine Einschränkung nötig. Nach § 7 Abs. 3 des Hilfsdienstgesetzes 
muß der freiwillige Antritt eines Hilfsdienstes binnen 2 Wochen erfolgen. Es muß daher 
angenommen werden, daß dann, wenn der Betreffende nur vierzehntägige Kündigungs- 
frist hat und die Kündigung sofort möglich ist, er diese Kündigungsfrist beim alten Arbeit- 
geber aushalten muß. Aber auch, wenn längere Kündigungsfrist besteht und namentlich 
dann, wenn die Frist zwar nur vierzehntägig ist, die Kündigung aber an einen bestimmten 
Tag gebunden ist (Anfang, Mitte, Ende eines Monats oder einer Woche), wird man dem 
Betreffenden zumuten können, wenigstens 14 Tage noch abzudienen. Es liegt nicht im 
Sinne des Gesetzes, rauh in bestehende Verhältnisse einzugreifen. 
Vielleicht hat auch die hier behandelte Rechtsfrage nicht allzu große praktische Be- 
deutung. Vielfach bestehen so kurze Kündigungsfristen, daß die Auflösung des Vertrages 
binnen 14 Tagen ohne weiteres möglih ist. In manchen Branchen, z. B. bei den Metall- 
arbeitern, gibt es überhaupt keine Kündigungsfristen. Der Fall der Heranziehung des 
Mannes mit lebenslänglicher Anstellung wird äußerst selten sein. Immerhin sind Grenz- 
fälle denkbar, die zu Schwicrigkeiten führen könnten. 
Einzuschalten ist: Wenn der Dienstvertragsverpflichtete sich in einem Betriebe be- 
findet, der schon nach & 2 als vaterländis her Hilfsdienst gilt, besteht überhaupt vom Rechts- 
standpunkt aus kein Rücktrittsgrund. Von Ausnahmefällen, wo eine Uberweisung an einen 
anderen Betrieb vaterländisch nötig ist, natürlich abgeseben. 
Was nun den Dienstberechtigten anlangt, dem sein Angestellter, Arbeiter usw. durch 
Eintritt in einen Hilfsdienstbetrieb entzogen wird, so kann ersterer grundsählich nicht schlechter 
gestellt werden. Auch er muß den Vertrag ohne Kündigung auflösen können. Das folgt 
für die Handlungsgehilfen zwingend aus HGB. 5# 72, Nr. 3, wo als Rücktrittsgrund schon
	        
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