Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst v. 5. Dezember 1916. Anhang. 613
die Einziehung zu einer mehr als achtwöchigen militärischen Dienstleistung bezeichnet ist.
Die Heranziehung zu der nicht Übersehbaren Hilfsdienstpflicht ist ein vicl stärkerer Eingriff.
Fedoch nötigt gerade § 72 cit. zur Vorsicht. Dort heißt es im Eingange: „Sofern nicht
besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.“ Man könnte da eiwa an
den Fall denken, daß ein Betrieb durch die vaterländische Dienstpflicht im Sinne des F 4
des Abs. 2 des Gesetzes so wesentlich eingeschränkt würde, daß es nicht unbillig wäre, dem
Prinzipal die Offenhaltung der Stelle bis zur Beendigung des Krieges zuzumuten.
2. Hoffmann a. a. O. 24. Die Heranziehung zum Hilfsdienst ist ke in wichtiger Grund
im Sinnc des § 626 BGB., der # 124 133b Gew O. oder des 8 70 HGB., der zur Auf-
hebung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Inne-
haltung einer Kündigungsfrist berechtigte, jedenfalls nicht in den Fällen, in denen die
Beschäftigung im Hilfsdienst auf Grund freiwilliger Meldung erfolgt; denn von dem Be-
treffenden muß erwartet werden, daß er in den Hilfsdienst erst übertritt, nachdem er scine
Vertragsverhältnisse auf ordnungsmäßigem Wege gelöst hat. Das gilt sowohl für den Dienst-
berechtigten, wie für den zur Dienstleistung Verpflichteten. Wird der Hilfsdienstpflichtige
durch eine besondere schriftliche Aufforderung veranlaßt, binnen zwei Wochen eine Be-
schöftigung im Hilfsdienst nach zuweisen, so wird er den Rücktritt vom Vertrage erst in dem
Augenblick bewirken können, in dem er die Beschäftigung im Hilfsdienst angetreten hal:
bis dahin muß die Innehaltung der bisherigen vertraglichen Verpflichtungen gesordert
werden. Daß der Aufgeforderte die Beschäftigung im Hilfsdienst grundsätzlich erst nach zwei
Wochen aufnimmt und dadurch nach vierzehntägiger Kündigungsfrist die Kündigungsfrist
einhält, kann nicht verlangt werden. Immerhin wird der Aufgeforderte dem anderen Ver-
tragteil von der Aufforderung alsbald Mitteilung zu machen haben. Erfolgt die Beschäf-
tigung eines zur Dienstleistung Verpflichteten im Hilfsdienst auf Grund einer Überweisung
(57 Abs. 3), so wird jedesmal ein wichtiger Grund vorliegen. Wird der Dienstberechtigte
zum Hilfsdienst eingezogen, so liegt in diesem Falle allerdings dann kein Grund zum Rück-
tritt vom Vertrage vor, wenn der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird.
Befindet sich der zur Dienstleistung Verpflichtete in einem Betrieb, der als vater-
ländischer Hilfsdienst gilt, so kann ein Rücktrittsrecht nur angenommen werden, wenn er
zu einem anderen Hilfsdienst überwiesen wird. Wird ein Betrieb stillgelegt oder so einge-
schränkt, daß dem Unternehmer die Innehaltung der bestehenden Dienstverträge nicht zu-
gemutet werden kann, so kann dieser vom Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Fälle dieser
Art werden aber durch entsprechende Maßnahmen gemildert werden können, so daß jeden-
sfalls die Kündigungsfrist eingehalten werden kann. Ubrigens werden solche Dienstver-
pflichtete in der Regel anderen Betrieben überwiesen werden.
3. Herrmann a. a. O. 76. Wem die besondere schriftliche Aufforderung zugeht,
ist zur sofortigen Auflösung eines etwa noch laufenden Beschäftigungsverhältnisses befugt.
Denn man kann ihm nicht zumuten, es auf die Überweisung ankommen zu lassen. Die
Aufforderung bildet also einen wichtigen Grund im Sinne der §§# 626 BGB., 70 HGB.
und 124 GewO. Ihm sieht allerdings nach § 31 Abs. 1 Anw. ein Rechtsmittel zu, nämlich
die Erhebung der Vorstellung bei dem Ausschuß, der die Anufforderung erlassen hat. Das
Recht dazu begründet aber nicht zugleich die Verpflichtung, es geltend zu machen, um so
weniger, als auch sein Arbeitgeber die Befugnis hat, im eigenen Namen gegen die Ein-
berufung des bei ihm Beschäftigten Vorstellung zu erheben, von der er auch gegen dessen
Willen Gebrauch machen kann. Iör ist nach s 31 Abs. 2 Anw. stattzugeben und die Auf-
sorderung zurückzjunehmen, „wenn die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses einen
Übermäßigen Schaden bereiten würde, sofern nicht die Bedürfnisse des Hilfsdienstes über-
wiegen“. An eine Frist ist die Vorstellung nicht gebunden. Sie wird aber möglichst bald
erfolgen müssen, damit nicht die zwei Wochen verstreichen und unterdessen die UÜberweisung
ausgesprochen wird, nach der für die Vorstellung kein Raum mehr ist. Beweismittel in
Gestalt von behördlichen Zeugnissen, eidesstattlichen Versicherungen und dgl. sind ihr
im Interesse der Beschleunigung beizusügen.