Bek. über Wochenhilfe aus Anlaß des vaterländischen Hllssdienstes v. 6. Juli 1917. 663
en Betracht kommenden unteren Dienstgraden stellt sich bei weitem nicht als gleichwertiges
Entgelt für die Arbeitsleistung dar. Der Kriegsteilnehmer ist daher überwiegend nicht in
der Lagc, für seine Familie ausreichend zu sorgen. Dies wird schon durch die Gewährung
der Mannschaftsunterstützung anerkaunt, die aber nur für das Notwendigste hinreichen
soll und kann. Demgegenüber kann der H Deeistende seine volle Arbeitskraft — wenn
auch zum Teil auf einem nicht frei gewählten Gebiete — verwerten. Er erhält als Gegen-
leistung für seine Arbeit den allgemein üblichen Lohn. Er steht sich also in der Regel nicht
schlechter als zur Friedenszeit, sondern vielfach — namentlich in der Kriegsindustrie —
infolge der großen Lohnsteigerung sogar besser, und zwar auch bei Berücksichtigung der
Kriegsteuerung. Da ganze große Gruppen von Berussarbeiten, so die Landwirtschaft,
als Tätigkeit im vaterländischen HD. zu gelten haben, werden zahlreiche Personen jetzt als
in letzterem tätig angesehen, ohne daß sich in ihren Berhällnissen das geringste geändert
hat. Lassen sich hiernach Billigkeitsgründe für eine allgemeinc Berücksichtigung dieser
Gruppen nicht geltend machen, so würde damit anderseits eine unbillige Zurücksetzung
anderer Bevölkerungslreise geschaffen werden, die ihren ganzen Lebensverhältnissen nach
dieser Wohltat nicht minder bedürftig sind. Es sei hier nur an die nicht in der Kriegsin-
dustric tätigen gewerblichen Arbeiter in der Stadt erinnert, die unter der Lebensmittel-
inappheit vielfach ärger zu leiden haben als die Arbeiter auf dem Lande, und deren Frauen
aus verschicdenen Gründen nach der Niederkunft meist erst später wieder zur Arbeit gehen
können als die Landfrtauen.
Unter diesen Umständen ist es nicht angezeigt, den HD. in bezug aus die Wochen-
hilfe der Leistung von Kriegs-, Sanitäts- und ähnlichen Diensten allgemein gleichzustellen.
Das HD. bildct nach dem Gesagten nicht den geeigneten Anlaß, der Frage einer Bei-
behaltung und Ausdehnung der mit der Kriegswochenhilfe eingeleiteten großen Für-
sorgemaßnahme allgemein näherzutreten. Diese Frage wird vielmehr auf breiterer Grund-
lage dann einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen sein, wenn bei Wiedereintritt des
Friedenszustandes die wirtschaftliche Gesamtlage und die durch sie bedingte Leistungs-
fähigkeit der beteiligten Stellen mit einiger Sicherheit wird übersehen werden können.
Erwächst indessen auch, wie gesagt, der Mehrheit der im HD. tätigen Personen aus
dieser Beschäftigung kein wirtschaftlicher Nachteil, so bleibt doch immerhin eine nicht ge-
ringe Zahl solcher sbrig, bei denen dies nicht zutriffst. Das HDG. bringt ohnehin starke
Eingriffe in das persönliche Selbstbestimmungsrecht des einzelnen mit sich; hinzutretende
Verschlechterungen der Erwerbs= und Einkommensverhältnisse würden daher besonders
hart empfunden werden und lassen die Schaffung eines gewissen Ausgleichs durch eine
— auf Fälle solcher Verschlechterungen beschränkte — Wohlfahrtsmaßnahme des Reichs
als billig und angezeigt erscheinen. Als solche kommt dann eine Reichswochenhilfe nach
dem Muster derjenigen, welche den Neugeborenen der Kriegsteilnehmer zugewendet ist,
in erster Reihe in Frage, da sich diese Einrichtung in ihrem bisherigen Wirkungsbereiche
nach allseitigem Urteil ausgezeichnet bewährt hat.
Auck der Reichstag hat einc engere Abgrenzung des Teilnehmerkreises für notwendig
gehalten, indem er das Erfordernis der Bedürstigkeit aufstelltc. Das Vorliegen einer solchen
muß neben dem Eintritt einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage unter der Ein.
wirkung des HD. die Voraussetzung für den Anspruch auf die Reichswochenhilfe bilden.
Hinsichtlich des Umfanges der Leistungen schließt sich die neue Fürsorge eng an die
bewährten Bestimmungen der älteren VO. über Wochenhilfe an. Dabei il das tägliche
Wochengeld auch hier, entsprechend der Bek. v. 6. Juni d. J. (Rl. 477), von einer Mark
auf eine und eine halbe Mark erhöht. Was das Verfahren betrifft, so lehnt es sich an das-
jenige der Bek. v. 23. April 1915, nicht an dasjenige der Bek. v. 3. Dez. 1914 an, d. h. die
Entscheidung über Anträge auf Wochenhilfe ist nicht dem Vorstand der Krankenkasse,
sondern der Kommission des Lieferungsverbandes übertragen worden. Allerdings werden
die im HD. tätigen Personen, die hier in Betracht kommen, meist Krankenkassenmitglieder
sein; für sie wären also infolge dieser Mitgliedschaft die nötigen Beziehungen zu den Kran-
bkenkassen gegeben. Allein die Rufgaben, welche hier den Organen der Krankenkassen bei