664 M. Vaterländischer Hilfsdlenst.
der Beschlußfassung zufallen würden, sind wesentlich anderer Art, als es in den Fällen
der Bek. v. 3. Dez. 1914 der Fall ist. Bei den letzteren liegt jenen Organen nur die Fest-
stellung bestimmter Tatsachen ob, nämlich neben der Teilnahmc an Kriegs= usw. Dienstert
das Vorhandensein eines vorangegangenen Versicherungsverhältnisses von gewisser Dauer
die selbständige Abwägung billiger Ermessensgründe wird dabei den festsetzenden Steller
nicht zugemutet. Anders liegt die Sache hier: Verschlechterung der Wirtschaftslage und
Bedürftigkeit, also die Voraussetzungen des Anspruchs nach der vorliegenden Verordnung,
sind Begriffe, deren Anwendbarkeit sich nur unter Abwägung aller besonderen Umstände
des Einzelfalls feststellen läßt, wobei dem freien Ermessen ein weiter Spielraum bleid:.
Zur Bewältigung dieser Aufgabe sind die Kassenvorstände, denen der behördliche Charakter
fehlt, der Natur der Sache nach weniger geeignet als die Lieferungsverbände, dic zudem
für die Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Beteiligten infolge ihrer gleichartigen Tätig-
keit auf dem Gebiete der Mannschaftsunterstützung und der Wochenhilfe nach der Vei.
v. 23. April 1915 umfassende Erfahrungen besitzen. Die Ubertragung der Aufgabe an die
Kassenvorstände würde überdies notwendig die Einführung eines Instanzenzugs — und
zwar wohl desselben, wie nach der Bek. v. 3. Dez. 1914 — mit sich bringen und dadura#r
eine gegenwärtig besonders unliebsame weitere Geschäftsbelastung der Versicherungs.
behörden verursachen. Die Kommissionen der Lieferungsverbände aber bieten nach ihrer-
Zusammensetzung und nach den Ergebnissen ihrer seitherigen Tätigkeit die erforderliche-
Gewähr, welche die Einsetzung höherer Instanzen entbehrlich macht. Die wünschenswerte
Gleichmäßigkeit der Entscheidungen wird nach den gemachten Erfahrungen durch dic in
grundsätzlichen Fragen gegebenenfalls ergehenden Anweisungen der Zentralbehörden
ausreichend gesichert. Die bewährten Verfahrensvorschriften der Bek. v. 23. April 1915
konnten, zu einem großen Teil wörtlich, übernommen werden.
Zur Erläuterung ist folgendes anzuführen.
Zn 88 1, 2.
Die neue Fürsorge hat in gleicher Weise wie die Kriegswochenhilfe neben einoer
Vergünstigung als Ausgleich für Nachteile bei den im vaterländischen Interesse geleisteten.
Diensten in erster Reihe die Sicherung und Förderung des deutschen Nachwuchses im Auge.
Sie beschränkt sich dementsprechend auch auf deutsche Wöchnerinnen. Für eine Aus-
dehnung auf Nichtdeutsche wegen einer etwa ausgeübten Tätigkeit i. S. des HDe. sprechen
auch keine besonderen Gründe der Billigkeit, da es sich um cine ganz freiwillige und außer.
ordentliche Leistung aus Reichsmitteln handelt. Bei der selbständigen Natur dieser Wobl-
fahrtseinrichtung greift hier auch die Bek., betr. Ausdehnung des HD. auf Angehörige
der österreichisch-ungarischen Monarchie, v. 4. April 1917 (ReBl. 317) nicht Platz, da es
sich nicht um eine Ausführungsbest. zum HD. handelt. Diejenige Wochenhilfe, welche-
die etwa selbst im HD. beschäftigten und wegen solcher Beschäftigung für die eigene Persotn
gegen Krankheit versicherten ausländischen Wöchnerinnen auf Grund der # 195 ff. der
RVO. und des §* 8 der Bek. v. 3. Dez. 1915 zu beanspruchen haben, bleibt natürlich un.
berührt.
Drei Gruppen von Wöchnerinnen kommen für die Wochenhilfe in Betracht. Es sind
dies zunächst die nicht selbst mittätigen Ehefrauen der im H. Beschäftigten, die als die
weitaus zahlreichste Gruppe im §& 2 voranstehen. Im # 3 werden die selbst im v. HD. tätigen
Frauen behandelt, während § 4 die Wochenhilsc für die unehelichen Kinder bilssdienst.
tätiger Männer ordnet.
Der Anspruch nach § 2 setzt zunächst eine Tätigkeit des Ehemannes der Wöchnerin
im v. HD. voraus, und zwar muß diese Voraussetzung regelmäßig zur Zeit der Entbin-
dung gegeben sein. Ein gewisses Abweichen von diesem Erfordernis gestattet nur § 8 Abs. 2.
Anders wie beim Kriegsdienst, der, einmal begonnen, die ganze Person erfaßt und den
Wiederaustritt nach eigenem Belieben ausschließt, liegt hier Anlaß vor zu verhüten, daß-.
jemand seiner Familie auf leichtem Wege die Reichsbeihilfe dadurch beschafft, daß er um
ihretwillen erst kurz vor der bevorstchenden Niederkunft der Ebefrau eine Tätigkeit im HD.