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Zwangserziehung Minderjähriger). Die Ausführung
der vom WVormundschaftsgerichte beschlossenen
Unterbringung erfolgt auf Ersuchen des Vormund-
schaftsgerichtes durch die Obrigkeit des Ortes, an
welchem der Unterzubringende zur Zeit der Ein-
leitung des Verfahrens seinen Wohnsitz oder
seinen Aufenthalt hat. Die Obrigkeit entscheidet,
wenn die Unterbringung auf öffentliche Kosten er-
folgt, darüber, ob der Minderjährige in einer Fa-
milie oder in einer Erziehungs- oder Besserungs-
anstalt unterzubringen sei. Die Zwangserzichung
hört auf, wenn der die Unterbringung anordnende
Beschluss vom Vormundschalftsgerichte aufgehoben
wird, oder wenn der Minderjährige das 18.
(äusserstenfalls das 20.) Lebensjahr vollendet. Die
Kosten der Unterbringung sind, soweit sie nicht
aus dem eigenen Vermögen des Minderjährigen
bestritten oder von einer unterhaltspflichtigen Per-
son (im Verwaltungswege) wieder eingezogen
werden können, von der Ortsobrigkeit zu tragen,
welche die Unterbringung zu vollziehen hat. Der
Ortsobrigkeit ist die Hälfte der aufgewandten
Kosten aus der Kasse des Landarbeitshauses zu
erstatten.
Die Unterbringung von Zwangszöglingen er-
folgt ausser in Familien in der Rettungsanstalt zu
Gehlsdorf bei Rostock (gegründet 1845). Der An-
stalt ist vom Landtage eine jährliche Unterstützung
von 6000 M. (für den Zeitraum 1. Juli 1907/1912)
aus der Landessteuerkasse bewilligt worden. Die
Zahl der Zöglinge der Anstalt belief sich am
31. Dezember 1907 auf 83 (66 Knaben und 17
Mädchen).